Rebecca Pawel: The Watcher in the Pine

„The Watcher in the Pine“ von Rebecca Pawel ist das dritte Buch der im Anschluss an den spanischen Bürgerkrieg spielenden Serie um den Gardisten Carlos Tejada. Im Verlauf der Zeit hat er ein wenig Karriere gemacht, ist jetzt Leutnant und erhält seine erste eigene Leitungsfunktion: Das Kommando über den guardia-Posten in Potes, einem einsam gelegenen Ort, mitten in den Bergen Kantabriens.
Mit Elena, seiner jungen, schwangeren Frau fühlt Tejada sich in eine andere, rückständige und feindliche Welt versetzt, in der er wie ein Besatzer behandelt wird. Auch jetzt, ein Jahr nach dem Ende des Bürgerkriegs gibt es in der Gegend um Potes immer noch Widerstand und sind die Faschisten wenig geliebte Sieger.

Der Vorgänger Carlos Tejadas war im Dienst erschossen worden, beim Amt für Wiederaufbau verschwinden Werkzeuge und Dynamit und die Gardisten werden regelmäßig bei ihren Patrolien auf den Strassen beschossen. Offensichtlich ist es auch für totalitäre Autokraten schwer, sich nach einem derartigen Krieg überall im Lande durchzusetzen.

„The Watcher in the Pine“ dreht sich, im Gegensatz zu „Death of a Nationalist“, dem ersten Buch der Serie, weniger um die Suche nach einem Täter, sondern es beschreibt den Versuch die untergegangene Ordnung wiederherzustellen. Spaniens Infrastruktur wurde im Bürgerkrieg zerstört, seine innere Harmonie hat es verloren und von der Außenwelt ist es vergessen. Tejada, der Gardist versucht das mit seinen Mitteln, während Elena, die früher Lehrerin war und nicht nur gerne die lokale Schule wiederaufbauen würde, sondern dort auch gerne unterrichten möchte, sich mit ihren Mitteln müht.

Rebecca Pawel entwickelt ein recht komplexes Geflecht an Handlungsfäden. In dem die gesellschaftlichen Konflikte, die beruflichen Sorgen Tejadas, die privaten Problemen in der Beziehung zu Elena, die eigentlich mit den Roten sympathisiert und die persönlichen Sorgen der modernen Frau, der die Umstellung auf die Gegebenheiten der provinziellen Stadt schwerfällt, zusammenkommen. Dem Buch scheinen gründliche Recherchen zugrunde zu liegen, die unaufdringlich eingebunden sind. „The Watcher in the Pine“ ist keiner dieser netten Historienromane, die eskapistisch in der Vergangenheit spielen. Schon fast albtraumhaft mutet am Anfang die Beschreibung der Lebensumstände in Potes an. Rebecca Pawel gelingt so ein ungewöhnlicher und vielschichtiger Krimi, der zudem spannend zu lesen ist.

Wenn der Leser auch erahnen kann, wem die Sympathie der Autorin gehört, versucht sie den verschiedenen Personen und ihren Motivationen gerecht zu werden. Das erklärt möglicherweise auch, weswegen dem Buch in meinen Augen etwas Biss fehlt und das Franco-Regime, immerhin als ausgesprochen grausam berüchtigt, schon fast milde wirkt.

Rebecca Pawel: The Watcher in the Pine. 
Soho Press 2005. 305 Seiten. Ab 6,60 €
(noch keine deutsche Übersetzung)

4 Gedanken zu „Rebecca Pawel: The Watcher in the Pine“

  1. Ja , stimmt.

    Die Stilistik ist typisch für die TB von Soho Press. Die HC dagegen haben einen etwas anderen, nicht ganz so schönen Aufbau des Covers.

    Beste Grüße

    bernd

  2. Nein, lieber Georg.

    Der „Watcher“ ist nicht metaphorisch sondern wörtlich gemeint und auch wenn meine Lektüre von „The Catcher in the Rye“ mehr als zwanzig Jahre zurückliegt, eine Seelenverwandtschaft der Figuren sehe ich nicht.

    Ganz zufällig ist die Ähnlichkeit vielleicht nicht. Der Autorin ist die Parallele möglicherweise auch aufgefallen.

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