Dem lieben Kollegen vom →Krimiblog gefällt das gar nicht: Peter Temple hat mit „Kalter August“ die Spitze der April-KrimiBestenliste erklommen – Gründe, die darauf schließen ließen, man habe das Buch mit Günter Grassens „Dummer August“ verwechselt, liegen keine vor.
Jedenfalls: Ein offenbar miserabel übersetzter Krimi auf dem Thron – das werden wir demnächst nachprüfen. Und sonst? Auffällig: Nur ein deutscher Titel, Rainer Gross, „Grafeneck“, hat es auf die Liste geschafft. 191 Seiten, spielt „in einem Dorf auf der Schwäbischen Alb“ – ist das, im Gefolge des „Tannöd“-Hypes, die Wiederkehr der Neuen Deutschen Heimatliteratur? „Ein dunkler Heimatroman“, verspricht uns der Klappentexter, und auch das werden wir in Bälde hier unter die Lupe zu nehmen haben.
Ansonsten: Schaut euch →die Liste halt an. Ich vermisse einen Titel, aber das war mir schon vorher klar, dass er es nicht schaffen würde, Pablo De Santis’ „Die sechste Laterne“. Das wäre denn wohl doch etwas zu viel gewesen für die, wie ich jüngst lesen durfte, „fachkundige und innovationsdurstige Jury“. Der ich es natürlich auch noch nicht verziehen habe, Pentti Kirstilä zu ignorieren. Und auch nicht, dass sie nicht wenigstens mal ab und an, für Stichproben, in die Niederungen der books on demand hinabsteigt, wo es letztes Jahr eine wirklich originelle deutsche Entdeckung zu feiern gegeben hätte, Jens Luckwaldts „Tod in Arkadien“. Aber das kommt ja im Herbst in einem „richtigen Verlag“ heraus, vielleicht wird’s ja dann was mit der Fachkunde und dem Innovationsdurst.
So, und jetzt schleich ich mich.
Ich habe keine Ahnung, wie gut oder schlecht die Übersetzung von Peter Temples „The Broken Shore“ ist, weiß aber nach Lektüre des Originals, dass sie keine leichte Arbeit gewesen sein kann, nicht nur wegen der vielen wohl nur im australischen Englisch beheimateten Ausdrücke. Es handelt sich, finde ich, schon um einen sehr bemerkenswerten Roman, der vor allem durch Figurenzeichnung und Sprache fasziniert, kurz durch die erzählerisch erzeugte Atmosphäre. Weniger gelungen scheint mir ausgerechnet das, was das Buch zum „Krimi“ macht, nämlich das Verbrechen und seine Auflösung. Dummerweise darf man ja „das Ende“ nicht verraten, aber soviel sei gesagt: Klischee ist gar kein Ausdruck.
Hallo dpr,
es kommt ja immer wieder vor, dass ich mich im Nachherein wundere, warum ein bestimmter Titel (nicht nur von dieser „innovationshungrigen“ Jury, sondern generell) so wenig beachtet wird.
Ich bin deshalb zum Schluss gekommen, dass Kritiker, speziell Krimikritiker auch nur Menschen sind.
Die suchen halt die Wärme und die finden sie dort wo Menchen sind. Und so können wir dann dank der Alligatorpapieren beobachten, wie sie sich meistens rudelmässig auf die gleichen Bücher stürzen.
Von der komsumistischen Sicht der Leser aus ist das ja auch verständlich, denn was nützt es dem Leser von Welt, wenn derjenige des Itzehoer Tagblattes andere Empfehlungen erhält.
Eines der Ziele der „Bestenliste“ war ja das Fundament an öffentlich wahrgenommenen Autoren zu verbreitern. Dieses Ziel erreicht sie aber meiner Meinung nach nicht.
Beste Grüße
bernd
* Der sich freut, dass
WAS sagst du da, Bernd? Wir sind auch nur Menschen? Hm…diesen Menke meinst du damit jetzt aber nicht, gell?
Na, man sollte das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Sicher gibt es bei der Bestenliste verdienstvolle Hinweise auf Bücher, die sonst eher im Verborgenen blühen. Das naturgesetzliche Manko scheint mir aber zu sein, dass die Macht des Statistischen solche Pflänzlein, wenn sie nur von 1,2 JurorInnen entdeckt wurden, gar nicht erst auf die Liste bringt. Ändern lässt sich daran wohl nichts. Statistischer Durchschnitt und „Innovation“ schließen sich halt meistens aus.
bye
dpr
so ein cliffhanger ist super, bernd.
worüber freust du dich?
*möchte mehr erfahren
… Massimo Carlottos Roman “ Arrivederci amore, ciao“ seinen Weg in die Bestenliste gefunden hat.
(Wenn ich auch in den meisten Kritiken die Darstellung des Lebenswegs Carlottos nicht nachvollziehen kann)