Der unbekannte Mörder, dessen Spitzname George P. Pelecanos’ neuem Buch „The Night Gardener“ den Titel gibt, tötete in den 80er Jahren drei dunkelhäutige Kinder durch Kopfschüsse. Die Vornamen der Kinder, die alle aus armem Elternhaus kamen, stellten Palindrome dar (Anna: „von vorne wie von hinten“) und die Leichen waren, nachdem der Täter sich an ihnen sexuell vergangen hatte, umgezogen und in einem der Stadtparks Washingtons ablegt worden. 20 Jahre herrschte Frieden, nun taucht plötzlich eine Leiche mit fast den gleichen Charakteristika auf.
„The Night Gardener“ ist das erste Buch von Georg P. Pelecanos, welches als „Police Procedural“ daherkommt. Eine Seelenverwandtschaft zu den modernen Vertretern dieses „Subgenres“, wie z.B. Arne Dahl ist zu spüren. Auch bei Pelecanos haben wir eine Abteilung mit mehreren Polizeibeamten, deren Arbeit in fast demokratischer Art und Weise stattfindet und bei der jeder der Beamten durch seine Funde zum Erfolg beiträgt.
Da das neue Opfer mit seinem Sohn befreundet gewesen war, interessiert sich Gus Ramone, einer der Polizisten, besonders für den Fall. Aber auch dem mittlerweile pensionierten Detektiv, der damals für die Aufklärungsarbeit der „Palindrommorde“ verantwortlich war und einem Expolizisten, der unter dubiosen Umständen die Polizei verlassen musste und nun hofft seinen Namen rein waschen zu können, fallen die Ähnlichkeiten zu den damaligen Fällen auf und gemeinsam machen beide sich still und leise auf die Suche nach dem Täter.
Wie immer bei Pelecanos ist auch „The Night Gardener“ ein vielschichtiges Buch mit zahlreichen Kamerawechseln. Anders als sonst wirkt es jedoch ruhiger, denn viele der Erzählstränge sind um Gus Ramone herum gruppiert, so dass dieser mehr als andere Personen, alleine oder mit einem Kollegen, im Mittelpunkt der Darstellung steht. Mit ihm spielt auch seine Familie und insbesondere sein jugendlicher Sohn eine wichtige Rolle.
Und das ist dann auch das Hauptthema des Buches: Das labile Zusammenleben gemischtrassiger Gesellschaften in einer sozial halbwegs stabilen Umgebung und die Anforderungen, die dieses Leben an die jungen Heranwachsenden stellt. Die Zahl der Verbrechen in der ehemaligen Hauptstadt der Kriminalität fällt, Washington D.C. wird gentrifiziert und auf Kosten derjenigen, die es sich nicht leisten können, wachsen die Rassen zusammen. Und doch, die alltäglichen Ängste der Eltern, wenn sie ihre Kinder zum Spielen schicken, in einer Stadt, in der die Gewalt immer noch überall präsent ist, in einem Land, dessen Bürger fast so viele Waffen haben, wie das Land Einwohner, diese Angst bringt Pelecanos sehr gut `rüber.
Pelecanos greift auf seine altbekannten Bausteine zurück, die er hier neu zusammenfügt. Insbesondere sind das natürlich die Ghettokinder ohne bürgerliche Perspektive, die für einen Wimpernschlag vom großen Glück träumen dürfen und dann doch durch die Gewalt gefällt werden, die sie selber losgetreten haben. „The Night Gardener“ ist ein starkes Buch, meinem Empfinden nach nicht ganz auf dem Niveau von → Drama City , seinem bisher besten Buch, aber doch sehr einsichtsvoll [wobei ich nicht verschweigen mag, dass man einiges davon auch bei Eleanor Taylor Bland dargestellt bekommt], spannend und wie immer zutiefst menschlich.
George P. Pelecanos: The Night Gardener.
Warner Books 2007. 431 Seiten. 8,50 €
(noch keine deutsche Übersetzung)