Jack Taylor, der Mann mit dem ausgeprägten Bedürfnis nach Gerechtigkeit, ist wieder unterwegs. Alkoholsüchtig, koksabhängig und nun auch tablettenschluckend zieht er durch Galway und pflegt seine alten und neuen Wunden in einer derart „prägnanten Beharrlichkeit“, dass der Leser vor Dankbarkeit auf die Knie gehen mag.
„The Magdalen Martyrs“ greift eines der dunklen Kapitel der katholischen Kirche Irlands auf. Gegründet im 19. Jahrhundert, kamen in die Institution der St. Magdalena, bis sie in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts geschlossen wurde, widerspenstige Töchter, nicht-verheiratete Mütter oder junge Waisen unter … um Buße zu tun und in reuiger Tätigkeit (d.h. Zwangarbeit und Misshandlung) zurück in den Schoss der Gemeinschaft der Menschen zu finden.
Jack Taylor erhält den Auftrag, eine Frau ausfindig zu machen, die mit dieser Institution in Verbindung steht. Eigentlich sind Geist und Körper Taylors (aus oben genannten Gründen) nicht in der Lage, einen derartigen Auftrag konzentriert und umsichtig auszuführen, aber er hat noch eine Schuld offen. Eine der wenigen, die nicht nur in seinem Kopf besteht und bei der er eine reelle Chance sieht, sie abzutragen.
Aber nicht alles läuft so, wie es laufen könnte und so manche Andeutung wird von ihm übersehen – weil er z.B. gerade eine Tüte mit Tabletten dabei hat und die Zeugenbefragung möglichst schnell beenden will, um sich endlich ein paar Tabletten reinzupfeifen -, so dass er am Ende des Buches meint, mehr Schuld auf sich geladen zu haben denn je.
Im Gegensatz zu den beiden Vorgängerbüchern der Serie folgt Bruen in „The Magdalen Martyrs“ im Ansatz den Vorgaben eines Rätselkrimis, deshalb zaubert Taylor diesmal auch Lösungen nicht direkt aus dem Hut. Dennoch: Frucht monatelanger harter Arbeit sind sie auch nicht, sondern er halt Glück und weiß es zu nutzen.
„ Be selfish, stupid and have good health. But if stupidity is lacking, then all is lost.” Flaubert´s dictum for getting through life unscathed.
Wenn es denn in diesem Buch, mit all der Selbstverdammnis Taylors, seinem Einbezug der Magdalen-Geschichte und den endlosen Zitaten anderer Autoren ein durchgehendes Thema gibt, dann ist es der Fluch der Erkenntnis, mit dem die Menschen gesegnet sind und die es Taylor (dem Sisyphus der Schuld) überhaupt erst ermöglicht, die Schuld für alles „Übel“ bei sich zu finden.
Die Bücher aus Ken Bruens Serie um Jack Taylor werden nicht nur einfach besser, sondern, so will es mir scheinen, sie wachsen zusammen, wie es die Bücher einer Serie nur selten tun. Und mit diesem Buch meine ich zu erkennen, dass Bruen nicht nur ein eigenständiger, zuweilen komischer und begnadeter Autor ist, sondern dass hier jemand die Grenzen des Genres auslotet wie es nur wenige tun. Mein aufrechtes Bedauern gilt deshalb all jenen, denen die deutschen Verlage diese Erfahrung verweigern.
Ken Bruen: The Magdalen Martyrs.
Brandon 2003, 288 Seiten. 12,95 €
(noch keine deutsche Übersetzung)
(und als Song zum Buch empfohlen: „The Magdalene Laundries“ von Joni Mitchell, vom Album „Turbulent Indigo“ – dpr)