Krimi, Sprache, Notizen

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Sprache und Krimi: das Thema des zweiten Heftes von makro scoop. Ein Fass ohne Boden, denn wer sich mit Krimisprache beschäftigt, sollte sich vorab mit Sprache auseinandersetzen. Ein paar lose Gedanken vorab.

Sprache ist mehr als Wortschatz und Grammatik. Sie ist auch mehr als Rhythmus und Wohlklang, mehr als einfach nur „Stil“, mehr als ein Gefäß für hehres Gedankengut, mehr als bloßes Transportmittel sowieso. Sprache ist gleichermaßen Gestaltungs- wie Kommunikationsinstrument, die „Inhalte“ aber, die es da zu gestalten und zu vermitteln gilt, konstituieren nicht nur Handlung. Sprache kann mehr, Sprache tut mehr. Sie ist unfassbar, kein Wert an sich. Wie so oft ist es unmöglich, ihren Idealzustand (oder Zustände, die einem Ideal nahekämen) zu beschreiben. Viel einfacher ist es, ihre vermurkste Anwendung zu erkennen.

Historisch. Die ersten Autoren von „Krimis“ waren geübte Stilisten. Nicht unbedingt glänzende, aber sie standen in einer literarischen Tradition. Adolph Müllner, dessen „Der Kaliber“ von 1828 eine Ahnung von „Krimi“ gab, besaß als Dramatiker einiges an gutem Ruf (von dem heute nichts mehr geblieben ist; aber das ist eine andere Geschichte). Über den Stilisten Edgar Poe brauchen wir hier kein Wort zu verlieren. Aber auch ein Carl von Holtei („Schwarzwaldau“, 1856) wurde nicht als Krimischreiber geboren, sondern verfasste in den ersten fünf Jahrzehnten seines Daseins Theaterstücke, Lyrik, kürzere wie längere Prosa. Engländer wie Dickens oder Collins erwähnen wir nur. Auch sie hatten keine „Krimisprache“.

Will sagen: Die Sprache des Kriminalromans entwickelte sich aus der Sprache der allgemeinen Literatur heraus. Und die war im Umbruch. Sie wurde „realistischer“, was schlicht an den Inhalten lag, die es zu gestalten, zu vermitteln galt. Erste Beispiele finden wir in Deutschland dort, wo „Spätromantik“ draufsteht. Die späten Novellen von Ludwig Tieck, Mörickes „Maler Nolten“, Immermanns „Münchhausen“, wo wir zwei Handlungsstränge antreffen, deren einer dabei ist, sich aus der Romantik zu lösen, während der andere noch etwas zögerlich seinen Fuß auf den Boden des Profanen und Alltäglichen setzt.

Es wird nicht überraschen, dass die Noch-Gleichzeitigkeit von romantischer und realistischer Sprache ein idealer Boden für die Sprache der Kriminalliteratur wurde. Das Grauen, der Schauder, das Mysterium: romantisch. Die Welt, in der die Verbrechen stattfanden: schon realistisch. Holteis „Schwarzwaldau“ kann hierfür als prächtiges Beispiel gelten, wobei man sich nicht von „literarischen Epochen“ irritieren lassen sollte. Die Sprache der Romantik wurde nicht einfach ad acta gelegt, um die Sprache des Realismus als neue stilistische Sau durchs poetische Dorf zu treiben. In der Kriminalliteratur vor allem haben diese beiden ineinander verschränkten Sprachwelten viel länger überlebt. Ja, bis heute eigentlich.

Reden wir von der Sprache des Krimis, dann reden wir gezwungermaßen von ihrer Trivialisierung. Das aber ist nicht so einfach, wie es scheint. Wenn nämlich stimmt, was zu Beginn dieser Notizen behauptet wurde, dass Sprache per se nicht mittels Qualitätsschablonen zu bewerten ist, dann ist der bloße Umstand einer TRIVIALEN Sprache ebenfalls nicht ausreichend, ihren Wert zu bestimmen. Trivial meint nur: Die Sprache ist leicht verständlich, vorwiegend versatzstückhaft, auf die Vermittlung äußerer Effekte justiert.

Viele der Autoren, die etwa um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert Kriminalromane schrieben – und zwar nicht selten massenhaft! – konnten sich einer höheren humanistischen Bildung rühmen. Was nun zwar kein Garant für Sprachgüte sein kann, es aber doch wahrscheinlich macht, dass sie genügend Sprachgefühl besaßen, literarisch begüterte Sprachkonzepte wenigstens zu imitieren, ohne sich vollständig lächerlich zu machen.

Heutige AutorInnen, die sich einer „anspruchsvollen Sprache“ bedienen, tun aber genau das: Sie machen sich lächerlich. Viele jedenfalls. Sie sind Opfer – und zugleich Täter – einer Sprachverderbtheit, die sich im Wahnwitz von Formulierungen wie „gutes Deutsch“ oder „literarischer Stil“ verbirgt. Sie stehen in Konkurrenz zu jenen KollegInnen, bei denen Sprache einfach nur „flutschen“ muss, ohne den Hauch einer Ahnung von dem, was Sprache zu leisten vermag – auch wenn sich kein flüchtiger Leser durch sie ohne intellektuellen Widerstand schmökert.

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24 Gedanken zu „Krimi, Sprache, Notizen“

  1. Ja, das ist gut: die Verschränkung von realistischer und romantischer Sprache besonders im deutschen Krimi. Eine schwache Tradition realistischen Erzählens im Vergleich zu England, Frankreich, Russland, eine auf äußere Effekte reduzierte Romantik und dazu vielleicht noch was Älteres, Moralistisches aus Aufklärung und Klassik. Wenn ich jetzt auf England schaue .. klar, die Ingredienzien sind auch da. Die starke realistische Tradition macht den Unterschied. Auch wenn dieser Realismus in England in den letzten Jahrzehnten als antimodern in Misskredit geraten ist, die populäre Literatur, und nicht nur sie, zehrt immer noch davon.
    luju

  2. für einen gescheiten krimi/ein gescheites buch braucht man sprach g e f ü h l. und originelle gedankengänge, die man fließen lassen muss. wenn man nix querdenkt und nur das wiederholt, was andere schon gesagt haben, kann sich kein mensch deine sätze merken. und literarisch anspruchsvoll nutzt auch nix (das ist nur eine abgrenzung gegen die unterste schublade); da kommen nur derrick-scripte raus (von denen man allerdings leben kann). ein guter autor wird immer seine eigene sprache finden – was auch für die literatur gilt – so oder so. also braucht man sich eigentlich gar keine sorgen zu machen.

  3. nicht vergessen für die MS-Ausgabe: der Übergang der Verbrechensdarstellung von der Bühne (Affektsättigung, Erhabenheit etc.; Bü. Trauerspiel; Sturm und Drang; Kindestötung; Vergewaltigung …) zur Prosa. Durchsetzung prosaischer Verbrechensdarstellung zwischen 1770 und ca. 1820 (vgl. z. B. die ‚Mischformen‘ bei Hoffmann). Abgrenzung zwischen Juristen- und Literatursprache. Mediale Orte: Zeitungen, Zeitschriften. Übersetzungen: Scott, Dickens, Balzac. Usw.: Sonst könnten ‚Romantik‘, ‚Realismus‘ Etiketten werden, die mehr verdecken als klären. Aber mich geht’s nix an.

    Beste Grüße!

  4. Bin ich mal sehr gespannt auf die neue Ausgabe.

    Genau: „literarische Sprache“ schön in Anführungsstrichen. Es ist nämlich keine. Es ist Sprachschluderei. Und damit auch Inhaltsschluderei. Ich bin mal gespannt, welche gelungenen Beispiele du noch nennst.

  5. Ja, gespannt bin ich auch…wird natürlich keine Doktorarbeit, mein lieber JL, wiewohl ich mir Ihre Anregungen wie stets zu Herzen nehmen werde. So, Leute, und jetzt aber mal gesurft! Oder sind die Ersatzalligatoren auch alle in Urlaub? Aber ein bissel was ham wa schon…ausländisches Zeugs…

    bye
    dpr

  6. Ist ja schön, dass sich alle einig sind, aber so ganz verstehe ich es nicht. Es gäbe kein „literarische Sprache“ sondern nur „Inhaltsschluderei“. Will wohl meinen, dass Sprache keinen Selbstzweck (im Krimi ?) darstellt, sondern sich dem Dargestellenden unterordnet.

    Aber es gibt eine „Literatursprache“ (in Abrenzung zur Juristensprache) und sprach g e f ü h l gib’s auch. Nun, wird ja weder das Gefühl noch die Literatursprache ein binares Ereignis sein (es da oder nicht da), sondern in Abstufungen vorkommen.

    Die Unterscheidung von Juristensprache und Literatursprache wird betont … wohl wegen der Nähe des Themas (Mord) und der Herkunft manches Krimiautors aus der Juristerei. Gut, was aber nun, wenn der Autor aus der Lyrik, Geschichtswissensschaft kommt ? Kann – muss ? – man hier dann auch einen Unterschied zwischen der Sprache des Primärinteresses und der Literatursprache sehen. Und ist die Literatursprache unabhängig vom Primärinteresse immer gleich – angemessend darstellen, würde Georg vielleicht sagen ?

    Nein, ich finde das ganz nicht einleuchtend. Klar, bei Krimis steht die Sprache in aller Regel zurück, sie soll einfach nur unaufdringliches Vehikel sein, um die Geschichte zu transportieren (und sage keiner das sei leicht).

    Aber es gibt doch nicht nur plotzentrierte Krimis sondern auch sprachdominierte. Autoren wie Ken Bruen, James Ellroy, vielleicht Yasmina Khadra, die heben Sprache aus der rein dienenden Funktion heraus.

    Beste Grüße

    bernd

  7. Alle einig? Na, da wirst du dich aber wundern, lieber Bernd! Wenn JL auf die „Abgrenzung“ von Juristen- und Literatursprache abhebt, dann verweist er auf einen historischen Tatbestand, den man selbst aber schön mit dem Beispiel Temme aushebeln kann, weil dort nämlich Juristensprache Literatursprache wird. Ohne jetzt den lieben JL zur Gänze düpieren zu müssen, denn im Großen=Ganzen hat er Recht.
    SprachGEFÜHL ist etwas, das man zwar jedem Autor und jeder Autorin wünscht, wenns aber weiter nichts gibt, wirds ziemlich gefährlich. Etwa wenn ich eine Figur reden lasse, aber das was sie redet von MEINEM Sprachgefühl geleitet wird. Ist so bei dem Buch, das ich gerade zu Ende gelesen habe…
    Ganz komplex wird es bei Sprache als „unaufdringliches Vehikel, rein dienende Funktion“. Ist sie nie, hat sie nie. Jeder Sprachduktus bewirkt etwas im Leser, weil er etwas mit dem Erzählten selbst anstellt. Reden wir jetzt nicht von den Leuten, die Krimis nur lesen, weil sie am Ende wissen wollen, wers denn nu war…oder weil sie „Gänsehaut“ kriegen möchten (da empfehle ich sowieso ein winterliches Bad im nächsten Weiher – ist billiger und schneller).
    Doch, das kann spannend werden mit der Sprache. Mit Beispielen aus den Jahrhunderten…brillanten und abschreckenden…

    bye
    dpr

  8. Nein, das würde ich nicht sagen.

    Angemessen darstellen kann die Sprache nur sich selber. Das heißt: Sie kann etwas abbilden und gleichzeitig darüber hinausweisen. Und damit eine neue Wirklichkeit herstellen. Aber nur, wenn der Autor Sprachgefühl hat. Fallen also fast alle deutschen Krimiautoren ‚raus. Als Positivbeispiele der Nachkriegszeit fallen mir jetzt nur Arno Schmidt (Das steinerne Herz), Nicolas Freeling und Astrid Paprotta ein.

    Ich bin immer noch gespannt auf dprs Beispiele und Ideen.

  9. Lieber dpr,

    wenn man sich die Antworten hier ansieht, stimmte Dir jeder zu, und das entstehende Gesamtbild wirkte etwas unzusammenpassend.

    Wenn ich schreibe, die Sprache sei nur ein Vehikel, sagt es ja noch nichts über den Zustand des Vehikels. Es ist ja völlig unstrittig, dass die Sprache die Basis von allem ist. Aber, kann es sein, dass die Betonung der Sprache so ein wenig eine Deutsche Spezialität ist ? Liest man, so meine ich, im Amerikanischen seltener; dort wird auf die Ergebnisse geschaut („mit Personen, so lebendig, dass sie aus dem Buch zu steigen scheinen“ usw.). Am Ende geht es hier um Geschichten, die erzählt werden sollen, also werden sie danach beurteilt, ob die Bücher das leisten. Aber klar ist, wer es sprachlich nicht hin bekommt, wird auch keine gute Geschichte `rüberbringen (das eine bedingt das andere). Es ist also mehr eine Frage der Betrachtungsweise – man muss nur nicht d’rauf `rum reiten.

    Und dann, so war mein Punkt gewesen, gibt es eben einige Autoren, die lenken mit ihrer Darstellung den Blick aus der Geschichte raus, nicht auf Metaphern, Bilder usw. sondern auf den Text also solchen – und sind damit gewissermaßen „gescheitert“.

    Beste Grüße

    bernd

    * @Georg: Du bist ein Extremist 🙂

  10. Sprache und Zähne: Man kümmert sich erst um sie, wenns anfängt wehzutun. Sprich: Ich lese keine Krimis „um der Sprache willen“. Genauso wenig lese ich aber Krimis „um der Spannung willen“ oder „um der Botschaft willen“. Es freut mich aber, wenn es ein Autor, eine Autorin schafft, mir vermittels seines / ihres „Sprachgefühls“ Dinge zu erzählen, für die ein Autor, eine Autorin OHNE dieses Sprachgefühl den Weg des Deklamierens gewählt hätte. In Romanen, nicht nur deutschen, nicht nur Krimis, wird entschieden zu viel und zu grob deklamiert und – Achtung, Wiesbaden! – herausposaunt. Wenns jemandem z.B. sauschlecht geht, steht dann dort: Es geht ihm sauschlecht. Das schafft ein guter Autor auch anders. Er zeigts einfach, vielleicht sogar sprachlich. Ein ganz spontanes Beispiel:

    „Er nahm ein Taxi nach Hause. Er nahm eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank. Er nahm ein Stück Brot aus dem Brotkorb. Er saß am Tisch und kaute und trank und guckte hoch und sah nichts und sah nur die weiße Decke und sah nur den dunklen Fleck auf der Decke und er kaute und er trank weiter und er starrte weiter zur Decke.“

    Ist das „gutes Deutsch, guter Stil“? Ich kenne nur ein einziges Kriterium, das zu beurteilen: die Absicht des Autors und wie sie bei mir als Leser ankommt (dazu muss ich, nota bene, aber selbst über ein gewisses Quantum Sprachgefühl verfügen).

    Ein zweites Beispiel: Füllwörter. Soll man ja nicht machen, gelt, also das mit den Füllwörtern da, ja, die eigentlich nichts rüberbringen, sag ich mal, okay? — Schlechtes Deutsch? Ach was! Ich sitze gerade an einem Text, den eine Frau (könnte auch ein Mann sein) erzählt, und der Text wäre sofort gescheitert, käme er ohne Füllwörter aus oder würde der Konjunktiv immer stimmen. Auch hier zählt: Absicht – Wirkung.

    Ob das wieder mal „typisch deutsch“ ist? Weiß ich nicht. Spräche aber, wenns denn so wäre, nicht gegen das Verfahren selbst, denn manchmal sind sogar die Amis auf dem Holzweg. Von einem Chandler aber weiß ich, dass er sich eine Menge Gedanken über die Sprache gemacht hat. Von einem Derek Raymond auch.

    Deutsche KrimiAutorinnen, die explizit mit Sprache arbeiten, gibt es wenige, das stimmt schon. Astrid, klar. Ich werde auf zwei andere zurückkommen, auf Norbert Horst und Pieke Biermann. Und natürlich auch eine paar abschreckende Beispiele parat haben.

    bye
    dpr

  11. Intrikat. Denn die schönste Absicht nützt ja nichts, (Achtung, Wiesbaden!) wenn’s dem Autor nicht gelingt. Und wie die Absicht bei mir als Leser ankommt? Ich glaube, die Absicht des Autoren ist mir egal. Mich interessiert nur, wie die Sprache bei mir ankommt. Und Plot und Inhalt. Also das ganze Buch. Deswegen mag ich auch keine linken Ökothriller-Absichts-Gutmensch-Bücher.

    Ich glaube übrigens nach der Lektüre von 30 Seiten Buch, dass ich zur Sprache von Norbert Horst eine andere Meinung habe.

  12. Klar, die Absichten des Autors interessieren mich auch nicht. Ich bin da vollständig ergebnisorientiert. Aber ich möchte schon, dass er welche hat. Und sei es nur die, gut zu unterhalten. Wozu man auch Sprache benötigt. Aber man sollte bisweilen schon an good old Lichtenberg denken, die Sache mit dem Kopf und dem Buch, you know. Schön, dass du zu N.H. eine andere Meinung hast!

    bye
    dpr

  13. *schlurft auf dieter & die detektive

    was soll das dauernd mit dem „wiesbaden, achtung!“? hab ich was verpasst? bin ich wieder die zielscheibe des spotts?

    **argwöhnisch

    zu den füllwörtern sei das folgende gesagt: sie gehören zur gesprochenen, lebendigen sprache. sind folglich authentisch in der dem volk aufs maul geschauten direkten rede und dem inneren monolog. in den erzählenden, beschreibenden teilen haben sie nichts zu suchen, da sollte sie >auch< jeder lektor *mit sprachgefühl* sie rausholen, denn sie rutschen dem braven autor trotzdem rein. zum konjunktiv: falsch verwendeter konkunktiv geht gar nicht bzw. nur in der rede einer person, die den konjunktiv falsch verwendet. ansonsten gilt für einen text, der nicht zu gestelzt daher kommen will, die umschreibung mit "würde", für die anderen, die sprachgefühl und ES DRAUF haben, der konjunktiv I. DAS kann dann sehr sehr schön werden, aber nur bei einem autor, der´s aus lust an der sprache tut und nicht nur auf seiner liste "*hat bewiesen, dass er den konjunktiv I kann" abhaken will. das ruft dann beim leser nur gelangweiltes gähnen hervor. ***würdevoll

  14. Die Fixierung auf die Sprache als (möglicherweise) Deutsches Phänomen bezog sich auf den Leser/Kritiker. Brauchst ja nur murderati oder crimespace lesen, um zu sehen wie die Autoren „arbeiten“.

    I don’t have an innately beautiful or poetic voice. I wish I did, but I don’t, so there it is. As a result, I try to write clean, lucid prose that attracts very little attention to itself. Character is revealed through details and voice. I hope.

    Laura Lippman

    Das ist der Punkt um den es mir geht: … that attracts very little attention to itself wie gesunde Zähne ! Sprache als Vehikel für Story, Charakter, meinesweges auch Botschaft, was auch immer .. aber die Sprache saugt keine Aufmerksamkeit ab.

    Dann gibt es aber auch Autoren, die haben von Natur aus so schöne, so perfekte, so einzigartige Zähne, da fallen die Zähne von alleine auf.

    Und ohne Frage sind Dialoge/wörtliche Rede ein Element, welches ein anderes sprachliches Handwerkszeug erfordert, das würde aber doch heutzutage niemand mehr in Frage stellen.

    Beste Grüße

    bernd

  15. Ja, da sind wir würklich anders, lieber Bernd. Mal abgesehen von der jetzt durchhängenden Zähne-Metapher: Ich kann ein Buch nicht länger als 30 Seiten lesen (es sei denn, ich muss), in dem die Sprache nicht stimmt. Ich gebe auch schnell auf, Blogs zu lesen, in denen Rechtschreibung und Grammatik Murks sind. Achtung!

    Sprache ist nämlich nicht nur Werkzeug für etwas anderes. Find‘ ich.

    Achtung, Wiesbaden? Tja, äh, also: Achtung eben! Manchmal auch Hochachtung!

  16. Also ich kann nicht finden, dass sich Leser / Kritiker auf die Sprache fixieren…jedenfalls nicht bei Krimis und sonst wohl auch nicht. Was auch niemand möchte. Sie allerdings als bloßes Transportmittel zu goutieren, fällt mir auch nicht ein. Sprache ist kein Selbstbezweck, das behauptet nicht einmal Georg, obwohl er (wie ich auch) so seine Favoriten hat, wenn man sich mal so richtig in Sprache baden will. Die zu beobachtende Neigung vieler (nicht nur deutscher) Krimischaffender, auf Teufel komm raus einen „spannenden Plot“ zu entwickeln (der meistens so oder so ähnlich zur gleichen Zeit von 120 KollegInnen ausgetüftelt wird) und den dann in Siffdeutsch „rauszuhauen“, kann aber nicht laut genug beklagt und bekämpft werden. Okay, ich mache auch manchmal nach 30 Seiten Schluss wie Georg (oder noch früher), manchmal tue ich es mir aber doch an, um dann davor zu warnen.

    @Anobella: Achtung, Wiesbaden! Das bezog sich auf das von mir neckischerweise gebrauchte Wörtchen „herausposaunen“(ich hätte wohl besser „hinausposaunen“ geschrieben, seh ich gerade), das eine gewisse Wiesbadener Bloggerin mit löchrigem Kurzzeitgedächtnis kürzlich erwähnte…und: genau, innerer Monolog etc. Der aber manchmal auch erzählend / beschreibend daherkommen kann.

    bye
    dpr

  17. ich hab kein löchriges gedächtnis … das mit dem posaunen habe ich verstanden … *posaunt nie was raus … aber worauf bezog sich unser SPRACHGENAUIKER?!

  18. Bezog sich auf (Zitat)
    du hasts nicht leicht, ja. du musst dich FREI machen.
    luft holen. die arme ausbreiten. loslassen.

    in deinem besonderen fall zum beispiel das apostroph.

    (ich habs nicht leicht, das kanns sein etc.)

    du bist noch viel zu sehr in REGELN verhaftet …

    anobella, sprachsensibel

    (Zitatende) am 24. Juli, 10.51 Uhr bei mir auf’m Blog. Ist ja nun sooooooo lange auch nicht, oder?

    Genau. Auch sprachlich

  19. *revidiert

    sprachgefühl (das über das handwerk hinausgeht) allein reicht natürlich nicht. man muss einen originellen kopf haben, um ein originelles buch schreiben zu können. wenn du ein ganzes buch geschrieben hast, in dem nix neues oder orginelles steht, dann hast du ein problem.

    und andere schaffen das schon auf seite 1.
    ich zitiere den ersten absatz von peter lichts diesjährigem bachmannbeitrag:

    „Es ging mir gut. Ich war gesund, und ich hatte Geld. Nicht gerade unglaublich viel Geld, aber ich hatte. Ich konnte mir leisten, was ich mir leisten können wollte, und ich konnte auch mal einen Schlag drauf legen. Zwar war der Schlag so groß jetzt nicht. Aber immerhin. Ein mittelgroßer Schlag. OK sagen wir eher mal an der unteren Grenze von mittel, oder vielleicht am oberen Rand von unten, also auch nicht ganz oben am oberen Rand. Sagen wir, in einem gemessenen Abstand zu diesem oberen Rand. Oder vielleicht mit der leichten Tendenz zu „mittel“. Sprich: Ich hatte mittel Geld. Mittel Geld im Bereich von „unten“.

    so darf ein buch anfangen, und ein krimi auch.

    *zu lasch, um die bachmannseite mit licht-text reinzulinken

  20. Das ist NICHT SCHLECHT. Allerdings würde es mir wohl gehörig auf die Nerven gehen, davon, sagen wir mal, 100 Seiten lesen zu müssen. Ich bin für geschmeidige Sprache, die auch mal MITTEN IM SATZ den Duktus wechseln kann, wenn es angebracht ist. Origineller Kopf: Ja, immer! Nicht nur sprachlich.

    bye
    dpr

  21. ja – bei einem krimi z.b. würde der ja irgendwann in dialog fallen, da kannst du ja nicht 100 seiten in dem tonfall bleiben. aber alle autoren, die ich schätze, sind einfach originelle köpfe, aus denen die einfälle (sprachlich, aber auch szenenhaft) nur so heraussprudeln. von austen über aiken über bernhard über highsmith über camilleri über fruttero und lucentini über calvino über semprun über oz über bachmann über kafka über munro über arjouni überüberüber.

    *kommt nicht auf ihr blog

  22. Mag sein. Aber über das Sprudeln das Abwägen nicht vergessen. Manchmal ist Originalität auch hinderlich. Und nicht selten verkaufshemmend.

    bye
    dpr

  23. das mit dem verkaufshemmend lasse ich jetzt mal dahingestellt – von den genannten autoren haben sicher alle ihre form virtuos beherrscht.

    😉

    *kopfweh

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