Monika Geier: Schwarzwild

In der Pfalz ist der Erdenplanet ein prallrunder Saumagen, auf dem die Kontinente wie fette Wurstscheiben driften und die Meere als Weinpfützen dümpeln. Und erst Bad Dürkheim! Pfalzkrimi kann also im Regelfall nichts anderes sein als lausig dramatisierte Tourist Information, aber da der Regelfall seine Ausnahmen kennt, sehen wir uns heute in der glücklichen Lage, von einem solchen berichten zu dürfen. Denn Monika Geiers „Schwarzwild“ ist ein gelungenes Stück Kriminalprosa.

Zwei Wanderinnen entdecken einen verdächtigen Knochen im Wildschweinpferch, verdächtig, weil er arg danach aussieht, von einem Menschen zu stammen. Kurz darauf verschwindet eine der beiden Frauen spurlos im Wald. Schlechte Ausgangslage für Kommissarin Bettina Boll von der Ludwigshafener Kripo, hat sie doch neben häuslichen Problemen auch noch mit Wetterkapriolen zu kämpfen.

Wacker beginnt sie mit ihrer Arbeit und allmählich versammelt sich das Personal der Romans. Ein Gastronom mitsamt Mutter, ein frauenjagender Klavierspieler, eine Witwe, die gerne wieder lustig wäre, dazu allerlei Nebenfiguren, aber zu denen kommen wir gleich noch.

Die Geschichte selbst entwickelt sich als handelsüblicher Whodunnit, sauber geplottet, es formiert sich das übliche Fähnlein Verdächtiger, Sauereien aller Art kommen ans Tageslicht, das Ende ist nachvollziehbar, wenngleich man sich immer noch fragt, wie denn ein Rudel Wildschweine so mir nichts dir nichts Leichen skelettieren kann, ohne dass es jemandem auffällt.

Es ist aber so: Nicht unbedingt die Story hält einen mit wachsenden Vergnügen im Text . Es sind die genau austarierten Charaktere der Personen, dieses weder zu viel noch zu wenig. Wir wagen nicht daran zu denken, was andere aus dem Umstand gemacht hätten, dass Kommissarin Boll um ihre verstorbene Schwester trauert, deren Kinder großziehen muss und deshalb auf Teilzeit gehen will. Monika Geier zeichnet dieses Szenario knapp und tief genug, verzichtet aber auf die sonst üblichen Abschweifungen. So soll es sein. Schön auch, wie das Nebenpersonal gezeichnet wird. Ein paar Sätze, ein Halbdutzend Gedanken und Bemerkungen, mehr braucht es nicht, um aus Stichwortlieferanten Personal zu machen.

Das wäre nun schon ganz schön, aber die Autorin setzt noch eins drauf: ihre Sprache. Die ist konzentriert, genießt aber dennoch jenen Freilauf, der eine Geschichte öffnet, und verzichtet gottlob auf biederen Detailwahn, den unbegabtere Krimischaffende viel zu häufig mit Erzählkunst verwechseln.

„Die Dürkheimer Polizeiwache lag etwas einsam am Rande des leeren Wurstmarktplatzes direkt neben der halbrenovierten Talstation einer kleinen Seilbahn, die auf einen Berg führte, der ohne diese Bahn vermutlich nur halb so interessant gewesen wäre.“

So wie sie sich hier aus der Geschichte in eine andere assoziiert, wandert die Autorin lässig durch den gesamten Text wie nur ein Pfälzer durch seine Wälder, tritt hier und da lakonisch-witzig ins Gestrüpp, macht ein paar Schritte in einen Seitenpfad, kehrt aber immer wieder zu ihrer Geschichte zurück. Die nun überhaupt nichts mit „Pfalz-und Wein-und Wurstmarktkrimi“ zu tun hat, sondern viel mit guter Kriminalliteratur.

Monika Geier: Schwarzwild. 
Argument Verlag (Ariadne Krimi) 2007. 320 Seiten. 11 €

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