„End Games“ ist das letzte Buch des im letzten Jahr verstorbenen Michael Dibdin, es ist ein würdiger, trauriger Abschluss einer (einschliesslich dieses Abschlusses) engagierten Serie.
Viel packt Dibdin in dieses Buch, das in einer Vielzahl von Strängen eine Geschichte um Ehre und Rache und der Konfrontation der Welten im kalabrischen Hinterland erzählt. Aurelio Zen, den aufgeklärten, aus Venedig stammenden Polizisten, hat es vertretungshalber in eine Welt verschlagen, die noch beinahe still zu stehen scheint. Die Menschen, sie haben Misstrauen gegen Fremde und gegen die Polizei, sie folgen eher inneren, verborgenen Regeln und so tut Zen sich schwer, Zugang zu finden.
In einer verlassenen Ortschaft in den Bergen wird die grausig zugerichtete Leiche eines Amerikaners gefunden. Wie sich bald herausstellt, war er als Bindeglied zwischen einer amerikanischen Firma und den lokalen Behörden tätig gewesen und dann entführt worden.
Diese Firma „terrorisiert“ die Einwohner seit Tagen mit ihrem Hubschrauber, mit dem sie vorgibt nach geeigneten Lokalitäten für den Dreh eines Filmes eines italienischen Starregisseurs zu suchen – in Wahrheit jedoch sind sie auf der Suche nach einem sagenhaften Schatz.
So ließe es sich fortfahren, pausenlos treibt Dibdin die Geschichte voran und überrascht ständig mit neuen Wendungen und Verknotungen der Handlungsstränge [wenn man sehr pedantisch wäre, würden man anmerken, dass zumindest ein Strang, der zuvor genutzt wurde, um Druck auf die Handelnden auszuüben, später stillschweigend unter den Tisch fiel].
Darüber hinaus hat Dibdin aber dennoch Zeit, zahlreiche Beobachtungen einzuflechten. Italien dort im Süden ist halt eine andere Welt und nicht nur dem norditalienischen Zen fällt es schwer, diese Regeln zu verstehen, sondern auch den Bossen der US-amerikanischen Firma. Wieder einmal haben wir US-Amerikaner, die meinen im Eiltempo eine rückständige Gegend überrollen zu können.
Wie überhaupt die Darstellung dieser Typen allerfeinsten Humor offenbart. Da ist nicht nur deren Sprache, ein überzeichnetes Amerikanisch oder die Betrachtungen aus einem Gourmettempel, sondern auch der zu Reichtum gekommene Nerd, der letztlich für die Geschichte verantwortlich zeichnet und in der Permaregression verharrt.
Es ist ein wenig eigentümlich, dass diese Geschichte, die so vollgestopft ist mit Finten, erst zum Schluss hin merkliche Spannung entwickelt. Zuvor führt das kurzweilige Buch gerne seine Protagonisten vor, die mit großen deutlichen Pinselstrichen gezeichnet, aber dennoch nicht plump wirken, nur eben (fast zu) mühelos zu verstehen sind. Prunkstück des Buches ist für mich sein Humor, der die nötige Suplesse besitzt, andere mögen auch die Italianismen preisen und in der Tat sind da auch einige interessante Darstellungen, in der Summe sind diese mir aber zu vertraut und dem typischen Klischee verpflichtet.
Michael Dibdin: End Games.
Faber Faber 2007. 356 Seiten. 17,99 €
(deutsch: „Sterben auf Italienisch“, Goldmann, 2007. 443 Seiten. 8,95 €)