Was für ein historischer Abend! Der Fußballkrimi, von dem selbst allergrößte Optimisten nichts Neues mehr erwarteten, wurde binnen einer Sekunde revolutioniert! Vive la France!
Doch von Anfang an. Als die 22 Spieler den Rasen betreten, erwartet man das übliche Fußballkrimigeplänkel: Der gallische Hahn kräht, der italienische Stiefel tritt gewohnheitsmäßig nach jedem Schienbein, das der französischen Sprache mächtig ist, derweil elf rumänische Vampire die holländische B-Mannschaft in den Sarg kloppen. Und plötzlich – Frankreich, Land der Revolution, beschert uns den ersten Roman der Fußballkrimigeschichte, in dem sich der Protagonist selbst eleminiert!
Franck Ribery foult – und bricht sich dabei den Unterschenkel! Eine unglaubliche narrative Leistung! Das ist wie Conan Doyle ohne Sherlock Holmes, Malteser Falke ohne Sam Spade, Berndorfs Eifelkrimis ohne Eifel! Ob das funktioniert?
Natürlich nicht. Die französischen Fußballer erleiden das übliche Pionierschicksal. Wie aufgescheuchte Hühner rennen sie über das Feld, auf der Suche nach dem verlorenen Plot, die traditionsbewussten Italiener schlagen sich lachend an die Proust. Die packen wir! Und tatsächlich: Sie schinden einen Elfmeter, ein blauer Abwehrrecke sieht rot, Thierry Henry fälscht einen gegnerischen Freistoß unhaltbar ins eigene Tor ab. 2:0! Und den Rumänen haben 11 holländische Ersatzbänkler längst sämtliche Milchzähne gezogen.
Aber – der Kenner hat hier die Zukunft des Genres erblickt! Krimis ohne Protagonisten! Danke, Frankreich! Danke, Franck! Und gute Besserung!
dpr