Frankreich – Holland. Die Krimirezension

Was für ein Melodram! Hohe Krimikunst aus dem Hause Simenon, Neopolar mit Mankellscher Weinerlichkeit gemixt, ein tiefgründiger, durch und durch literarischer Krimi für alle Freunde vollgerotzter Papiertaschenbücher – äh: – tücher.

Worum geht es? Die aus dem Thriller Holland – Italien bekannten niederländischen Kleinkriminellen schicken sich an, endgültig böse zu werden und Europa zu beherrschen. Niemand kann sie stoppen. – Niemand? Der französische Polizeipräsident reaktiviert den legendären Ermittler Jules Maigret mit seinem Team. Der ewige Grübler hält sich – Wink des Schicksals! – gerade in der Schweiz auf, wo er die 75 Bände seiner Abenteuer für das Haus Diogenes herausgibt. Nach kurzem Zögern sagt er zu, den orangefarbenen Monstern den Genever aus den Poren zu kloppen.

Und so schleichen sie über den Platz. Von harter Arbeit gebeugte Männer, allen voran Maigret (Thierry Henry) selbst, das unvermeidliche Pfeifchen schmauchend, von Rückenschmerzen geplagt, das Knie zwickt eh seit den Pariser Barrikaden von 1968. Neben ihm trabt Malouda, als habe er ein Baguette verschluckt, das Mittelfeld schwelgt, einen Pernod nach dem anderen kippend, in nostalgischen Erinnerungen. Weißt du noch damals? Zine, der Maghrebiner, mit den unkonventionellen Verhörmethoden? Wie der einmal dem Verdächtigen die Rübe in den Bauch… Ja, ja, ist vom Dienst suspendiert worden. Schade, den könnten wir jetzt brauchen.

Und ob! Gerade hat es sich Abwehrchef Thuram im Tornetz gemütlich gemacht (sein tägliches Nickerchen braucht er schon!), da schlagen die Holländer zu. Ein scharf in den Strafraum geschlagener Ball, ein damit kollidierender Käskopp – 1:0! Olala, denkt Maigret – und beginnt sofort wieder zu grübeln. Halbzeit.

Voller Elan kommt die Rentnertruppe aus der Kabine – und kassiert das 2:0! Ein einziger stemmt sich jetzt noch gegen das Waterloo, der junge und ehrgeizige Franck „La Lederhose“ Ribery, doch die Kollegen schauen dem eifrigen Bürschchen nur naserümpfend zu. Nicht so schnell! Morgen ist Tanztee im Seniorenheim, da muss man seine Kräfte sparen!

Immerhin: Anschlusstreffer! Doch die Tragödie ist besiegelt, zweimal noch langen die quirligen Bewohner plattester Landstriche hin. Müde, aber immerhin in sauberen Trikots traben Maigret und die Seinen vom Platz. Das Alter hat sie endgültig besiegt.

Fazit: Ein hochaktueller Krimi über das Altern, ein wenig zu philosophisch, doch nicht ohne Action und Suspense. Simenon at his best!

2 Gedanken zu „Frankreich – Holland. Die Krimirezension“

  1. …in der 93. Minute macht Pepe alles klar und schickt den depressiven Schweden zum Duschen in die Kabine. Mankell schwört Rache und bürgert umgehend einen „Chinesen“ ein…

    bye
    dpr

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