Norbert Nockerl, Kommissar in der Wiener Vorstadt, hat ein Problem. Er ist ein toller Ermittler, doch sobald die Erzbösewichte Aug in Aug vor ihm stehen, fangen seine Hände an zu zittern und können die Dienstwaffe kaum noch halten. Fatales Ergebnis: Selbst breiteste Scheunentore bleiben von Nockerls Schüssen unversehrt – was man von den unbeteiligten Passanten, die der gemütliche Wiener Heurigenliebhaber schon ins Jenseits befördert hat, leider nicht behaupten kann.
Da tut sich für Nockerl eine neue Chance auf. Es ist gleichzeitig auch die letzte. Eine Bande polnischer Ballschieber treibt ihr Unwesen im Ernst-Happel-Stadion, Nockerl ertappt sie auf frischer Tat, zieht seine Waffe – und fängt an zu zittern. Die Kugel fliegt in die Zuschauermenge und fordert ihre Opfer. Und noch einmal. Und noch einmal. Im Gegenzug platzieren die Polen einen Brasilianer im Abseits und lassen ihn abstauben. 1:0!
Die zweite Halbzeit ähnelt der ersten, nur dass die Polen immer frecher, Nockerl und seine Hilfstruppen immer ängstlicher werden. Ist es vorbei? Hat das Böse endgültig gesiegt? – Da, die 90 Minuten sind längst verstrichen, geschieht es: Elfmeter! Wieder steht Nockerl dem Erzgauner gegenüber. Sie fixieren sich. Nockerls Wimpern klimpern panisch. Er nimmt Anlauf. Und schießt! — Getroffen! Österreich ist im Finale! Gegen Deutschland! Elf polnische Ballschieber wälzen sich weinend am Boden. Norbert Nockerl wird auf den Rücken seiner begeisterten Mannen ins nächste Heurigenlokal getragen, wo er nun fünfzig Jahre lang erzählen wird, wie das damals so war, als er ein einziges Mal das Ziel getroffen hat.
dpr