4 Gedanken zu „Zielgruppe“

  1. „Diskurs über Kriminalliteratur nur noch als Show-Veranstaltung“ wäre doch schon ein Fortschritt. Nach meiner Wahrnehmung gibt es im Wesentlichen auch im Internet nur Monologe und keine Erörterungen zu diesem Thema.

    Allenfalls in den Blogs finden sich Ansätze zweifellos unbedarfter gemeinsamer Annäherungen an jenes großes Geheimnis „Wie erkenne ich einen guten Krimi“, dessen Kenntnis dieser Platzhirsch zu Recht für sich beansprucht. Schließlich hat er in der Vergangenheit oft genug bewiesen, dass er sich damit auskennt, und die Schar seiner Jünger spricht für sich. Ich bekenne mich, ein solcher zu sein; den Empfehlungen dieses Herrn kann man in aller Regel bedenkenlos folgen; sie sind Wegweiser in der Wüste meiner Ahnungslosigkeit. Hallelulja.

    Aber da markiert auch jemand sein Revier gegen Eindringlinge. Es riecht ein wenig streng. Ein wenig mehr Gelassenheit wäre angebracht; anderseits fördert ein solches Geblöcke eben jenen Diskurs über Kriminalliteratur oder zumindest den Schein eines solchen Diskurs.

    Zweifellos ist es zum Weinen (oder – je nach Nauturell – auch zum Lachen), wenn sich Laien zu etwas äußern, was sie nicht gelernt haben, und sich so etwas zusammen stümpern.

    Das werden Handwerker ebenso kennen wie Mediziner, die zunehmend – dem Internet sei Dank – mit Selbstdiagnosen ihrer Kundschaft konfrontiert sein dürften. Da hilft nur Geduld und – je nach pädagogischem Impetus – Wissensvermittlung, oder aber dem Fluchtinstinkt nachzugeben. Ich hoffe im Sinne der „Buchkultur“ noch lange auf Ersteres.

  2. Das mit den Laien, die was nicht dürfen, finde ich ziemlich daneben. Darf nur ein Literaturwissenschaftler sich zu Literatur äußern? Oder wer darf? Ein „gelernter“ Journalist? Alles Unsinn. Dann ginge es nämlich weiter: Nur ein gelernter Autor (also mindestens Creative Writing-Abschluss nicht unter B.A.-Abschluss) darf Bücher schreiben.

    Ich halte das für eine typische Spezialistenmentalität. Ob einer Mediziner ist oder Biologe, Ex-Herausgeber einer Krimireihe oder IT-Spezialist, Psychiaterin oder vielleicht sogar saarländische Germanistin wie Dietlinde – das sagt gar nichts über die Qualität ihrer Texte aus.

    Ich dagegen sage euch: Wer es kann, der darf auch. Und ob er es kann, merkt man dann an seinen Texten. QED.

    Ob es streng riecht, weiß ich nicht, aber die Polemik eines Textes geht halt auch mal forsch zur Sache und hat wo drauf, wo schon lange nichts Ernsthaftes mehr wächst und woanders, wo sich dafür die Stinkmorcheln breit machen.

    Ich mag Herrn Wörtches Text auch nicht so, aber in manchem hat er schon recht, in anderem nicht, da stimme ich mit dir und Ludger durchaus überein. Nur ist mir das etwas egaler als ihm, und deswegen rege ich mich nicht so auf. Vielleicht bin ich auch nur abgeklärter.

  3. Wissensvermittlung, lieber Thomas, ist ein hehres Unterfangen. Ich stimme ja vollständig mit dir darin überein. Und wtd-die Zeitschrift soll (Achtung, Eigenwerbung!) schon ein Schritt in diese Richtung sein. Längere Artikel, die Zusammenhänge sichtbar machen, auch ungewöhnliche Formen (wie demnächst die Radiowellengeschichte). Nur: Um so etwas wirklich auszubauen, muss sich die Beiträgerbasis verbreitern. Schön, wenns auch Leute ohne Honorar tun würden. Aber kann ich das bei jemandem verlangen, der von seiner Schreibarbeit leben muss? Nein. Und ich werde es auch nicht. Das heißt aber: Bildung (und Wissensvermittlung ist Bildung) kostet Geld. Und das ist kaum zu kriegen. Ein Beispiel: Um den AutorInnen des Krimijahrbuchs wenigstens kärgliche Honorare von, sagen wir mal: 30 Euro pro Druckseite zahlen zu können, müssten ca. 5000 Exemplare verkauft werden. Und das ist noch wenig, weil unser Verleger ein großzügig honorierender Mensch ist. Dreimal darfst du raten, ob vom einem der erschienenen KJBs bisher auch nur annähernd so viel verkauft wurden… Will auch sagen: Beim Aufbau einer Krimikultur ist auch die Leserschaft gefragt. Ideell – und in gewissem Grad ökonomisch.

    bye
    dpr

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