AutorInnen haben es nicht leicht. Sobald ihr Roman das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat, kann er nach Belieben und ungünstigstenfalls ohne kritische Kompetenz zerpflückt werden. Nun, das gehört zum Beruf, damit muss man leben. Manchmal aber kommt es für AutorInnen knüppeldick und sie werden schlichtweg denunziert.
Um diesen gebeutelten Wesen ein wenig Trost zu spenden, hat wtd einen neuen Krimipreis ins Leben gerufen: DAS TRÖSTERLEIN. Er versteht sich als eine kleine Streicheleinheit für die von pseudokritischer Dummheit geschundene Seele, was ja allemal mehr zählt als Geld. Wir verleihen diesen Preis immer dann, wenn es notwendig wird, wenn wieder einmal schiere Blödheit ihr Racheschwert aus dem Hohlkopf gezogen hat und damit wild fuchtelnd durch die weite Welt des Netzes marodiert. Erster Preisträger ist Jakob Arjouni.
Natürlich soll und muss es miese schwule Figuren in Krimis geben. Natürlich darf man sich über all die Klischees lustig machen – das ist unter anderem das Wesen einer Komödie. Aber es kommt immer auf den Kontext an und in Arjounis Roman ist der nichts anderes als höchst schwulenfeindlich. Denn während alle Figuren zumindest ein paar Sympathipunkte vom Autor mitbekommen haben – selbst der Heuschreckenkapitalist Hotte, der weinend vor der Wohnungstür seiner Tochter steht – ist die schwule Figur Fabian Braake der Unmensch schlechthin. Ein widerlicher Schmarotzer, ein ekelhafter Schreiberling und ein ehemaliger Stricher, der es mit Ellenbogen (und man will sich nicht vorstellen womit sonst noch) nach oben gebracht hat. Spielte Arjouni in seinen früheren Kayankaya-Krimis durchaus geschickt mit Vorurteilen, auch und gerade in dieser Art von Macho-Krimi-Welt, entpuppt er sich hier als homophober Autor mit dem Drang zur billigen Schwarz-Weiß-Malerei. Das ist nicht lustig und es ist auch nicht unterhaltend. Jakob Arjouni ist mit seinem Roman “Der heilige Eddy“ auf Stammtischniveau ankommen. Bedauerlich.
Begründung der Jury: Was ist Homophobie? Homophobie ist, wenn ein Autor nicht auf politisch korrekten Proporz achtet und es wagt, einen Schwulen ohne große Sympathie zu zeichnen. Was ist Literatur? Literatur ist die ungefilterte Übernahme der Ansichten eines Autors in die Personenzeichnung. Wer also einen Schwulen negativ beschreibt, ist homophob. Wer eine Frau oder einen Österreicher morden lässt, muss folgerichtig frauen- respektive ausländerfeindlich sein, bei einer mordenden österreichischen Frau beides. Merke: Ein Autor hat sein Werk nicht unter künstlerischen Aspekten zu gestalten. Er muss allen gesellschaftlichen Gruppen Gerechtigkeit widerfahren lassen, im moralischen Minenfeld vorsichtig herumhüpfen, auf „die richtige Balance“ achten. Alles andere ist sekundär. Nur so ist gewährleistet, dass ein Buch auch dort besteht, wo es längst nicht mehr um Literatur, sondern nur noch um die perfekte Anpassung von Literatur an die Meinung der Ignoranten von Literatur geht. Jakob Arjouni hat nicht aufgepasst und ist der Inquisition in die Arme gelaufen. Dafür bedauern wir ihn und sprechen ihm DAS TRÖSTERLEIN zu. Möge er es sich einrahmen und bei seinem nächsten Buch vorsichtiger sein. Vielleicht könnte ein dort eventuell auftauchender Schwuler wenigstens heulend vor der Tür seiner Tochter stehen?
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