Blogs for sale

Das hier ist ein Blog. Hier zu lesen kostet nichts. Aber – das könnte sich bald ändern, in den USA tuts das schon, vorausgesetzt, man ist stolzer Besitzer des Amazon-Ebookreaders KINDLE und, aus welchen Gründen auch immer, geneigt, Blogs auf diesem Gerät zu lesen – und dafür zu bezahlen.

Das ist ziemlich neu – und auch schon sehr umstritten. Sarah Weinman titelt etwa: „Why This Site is Not Available on the Kindle“ und verweist auf Blogger, die ausführlich untersucht haben, was es denn bedeuten würde, seinen Blog in die große Kindle-Familie zu integrieren. Alleine die Überschriften zeigen, dass da gewisse Fallstricke lauern.

„Kindle Bloggers Become Amazon’s Bitches“ schreibt etwa →Edward Champion und verweist auf den Vertrag zwischen Blogger und Amazon, der zwar 30% der Abo-Einnahmen (ein Abo kostet zwischen 1 und 2 USDollar) für den Blogger vorsieht, der dafür jedoch im Gegenzug so ziemlich alle seine Rechte am „Content“ und dessen kommerzieller Weiterverwertung an Amazon übergibt.

Damit nicht genug. →„TechCrunch“ weist nach, dass es leicht möglich ist, beliebig Blogs, an denen man keine Rechte besitzt, an Amazon / Kindle zu verscherbeln: „How The Kindle Now Lets You Steal This Blog“. Hübsch dazu ein Kommentar von „Hauser“: „Why do you guys have a problem with this? You should be paying these guys for stealing and publishing your blog.“

Genau. Seien wir doch froh, dass andere mit etwas Geld verdienen können, das wir kostenlos zur Verfügung stellen, für das einige Leser partout Geld bezahlen wollen. Halten wir uns nicht mit so etwas Ödem und Unsozialem wie „Urheberrechten“ auf. Eh ein Kandidat für die Liste der aussterbenden Wörter.

3 Gedanken zu „Blogs for sale“

  1. Lieber dpr, ich finde das Geschäftsmodell ja auch bescheuert (vielleicht auch nur, weil die Trauben für mich zu hoch hängen), aber daß damit das Urheberrecht ausgehebelt wird, das kann ich beim besten Willen nicht sehen.

    Zunächst: Auch wenn es ihm leicht gemacht wird (und dem Geschädigten die Verfolgung schwer), kann doch der Nicht-Berechtigte nicht rechtswirksam über über die Rechte des Berechtigten verfügen. (Auch wenn die Tür noch so weit offen steht, dürfen Sie nicht uneingeladen in meine Wohnung eintreten — und müssen sie auf jeden Fall verlassen, sobald ich Sie dazu auffordere; Vergleiche hinken immer.)

    Aber wichtiger erscheint mir, daß der Amazon-Vertrag alle Rechte aufzählt, die der berechtigte Blogger abgibt, wenn er sie denn (aus welchen Gründen und für welchen Preis auch immer) abgeben möchte. Derartige Vereinbarungen habe ich (haben Sie) in den vergangenen Jahren (Jahrzehnten) vermutlich mehrfach unterschrieben — Rundfunkanstalten können mit meinen Manuskripten anfangen, was sie möchten, ein Lexikonverlag hat ausdrücklich das Recht, meine Artikel im Internet zu veröffentlichen (macht er auch, nicht nur ohne Zusatzhonorar, sondern auch unverändert, mit allen Fehlern, die darin enthalten sind, dafür stehe ich dann mit meinem Namen), über die Artikel, die ich in Zeitschriften und Sammelbänden veröffentlicht habe, kann ich nicht mehr verfügen: you name it, I have it.

    Kurz gesagt: Diebstahl schädigt zwar den Eigentümer, aber er bestätigt das Institut des Eigentums. Und wenn das Urheberrecht zu Lasten der Urheber ‚reformiert‘ werden soll, dann heißt das nicht, daß das Urheberrecht selbst auf den Aussterbeetat gesetzt wird.

    Beste Grüße!

  2. Mein Lamento zum Urheberrecht, lieber JL, bezog sich weniger auf die Amazon/Kindle-Geschichte. Da haben Sie natürlich recht. Wer will, der soll.Ich sehe aber – und reagier da vielleicht zu hysterisch? Mag sein – vor allem die immer mehr um sich greifende Meinung, geistiges Eigentum strebe quasi einem Naturgesetz folgend immer zur Ausbreitung -und alles, was dieser Ausbreitung förderlich sei (also auch illegales Vervielfältigen) geschehe zu Nutzen und Frommen (auch) des Urhebers.
    Auch bei Kindle haben wir zudem wieder die Situation, dass der Urheber selbst gegen einen Missbrauch seiner Rechte aktiv werden muss, d.h. er / sie muss überwachen, ob irgendjemand seinen Blog „verkauft“ hat. Und er muss selbst initiativ werden, um das rückgängig zu machen. Was ganz schön lästig sein kann.

    bye
    dpr

  3. „…die Meinung,geistiges Eigentum strebe quasi einem Naturgesetz folgend immer zur Ausbreitung – und alles, was dieser Ausbreitung förderlich sei (also auch illegales Vervielfältigen) geschehe zu Nutzen und Frommen (auch) des Urhebers…“ – das ist der Punkt. Genau so argumentieren die Verwerter aller Bauart (von Lexikon bis Rundfunkanstalt, die allerseriösten, dem „hehren Auftrag“ verpflichteten am lautesten und ohne einen Anflug von schlechtem Gewissen); das Dumme daran ist, der Mist fällt kontinuierlich auf den fetten Boden urheberlicher Eitelkeit, und das zusammen gibt erst die richtige giftige Mischung. Wer partout seinen Namen auf einem Buchrücken lesen will, schmiert eben Betrüger“verlage“ mit angeblichen Druckkostenzuschüssen; wer unbedingt seinen Namen öffentlich genannt haben will, lässt sich mit miesen Honoraren und Verwertungsplünderei abspeisen, wenn er hört: Aber du kommst (mal wieder) in die Medien. Usw.usw. Es ist das alte Lied. Und es wird auch mit Hip-Hop-Tekkno-Digi-Schnigi-Beats aufgesext nicht sexier.
    Was lernt uns das? Trying to be more intelligent, war der einzige Überlebenstipp, den Ross The Great dafür hatte.
    Mehr is woh‘ nich, aber dis is ja schomma wat. P.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert