Es muss schwer sein, in Schweden Karriere zu machen. Eine Prinzessin, einen Prinzen heiraten – okay, das schafft gerade mal drei gutdotierte Arbeitsplätze. Als ABBA-Nachfolgeband jede Menge Geld scheffeln, das lichtet auch nicht das Heer der um Ruhm und gutes Auskommen bemühten Nordländer, denen folglich nur der letzte und grausamste Schritt bleibt: KrimiautorIn werden.
Ich gehe davon aus, dass das Krimischreiben in Schweden schon in den Kindergärten, spätestens aber in den Grundschulen gelehrt wird. Da kann man von den angehenden Stars der Krimiszene, die spätestens mit 30 in der Welt, vor allem in Deutschland reüssieren wollen, natürlich nicht zuviel verlangen. Vier Grundregeln immerhin bleut man den Knirpsen ein – und sie werden sie ihr Lebtag nicht vergessen. Schlimmer aber: Sie werden niemals die fünfte Grundregel lernen: Ihre Leserschaft nicht durch Geschwätz zu langweilen.
Die vier Grundregeln sind: Deine Ermittler müssen wenigstens fremdgehen oder Alkoholiker sein oder eine Abtreibung hinter sich haben oder irgendwie Probleme mit den Vorgesetzten. (1) Ein Mord ist ein Mord? Vergiss es! Nur ein grausamer Mord ist ein Mord! Irgendwie das Gesicht zu Brei schlagen oder Muster in Mädchen ritzen, das sollte schon drin sein.(2) Deine Leser wollen, ja, müssen! alles wissen! Vor allem, wie du, AutorIn, die Dinge so siehst.(3) Vergiss kein Detail! Etwa dass die Putzfrau der Ermittlerin zweimal die Woche kommt, noch andere Putzstellen hat und immer zuerst in der Küche beginnt, bevor sie dann im Schlafzimmer Staub wischt. Ist zwar völlig unerheblich für die Handlung, aber wieder ein Absätzchen geschrieben.
Ja, so sind sie, die Schweden. Und wer muss drunter leiden? Ich. Hakan Östlundhs „Gotland“ habe ich mit Müh und Not bis zur Hälfte geschafft, dann war Schluss. Den Rest kursorisch zur Kenntnis genommen bis zum läppischen Ende. Und, wie es das Schicksal anscheinend so will, nach einem neuen Schwedentrunk gegriffen. „Das Brandhaus“ von Helene Tursten. Nur unwesentlich besser, auch nach den vier Grundregeln gestrickt. Ob ich es wieder nur bis zur Hälfte schaffe? Ich befürchte Schlimmes. Hat niemand eine Idee, wie man Schwedinnen und Schweden zu hübschen Karrieren verhelfen könnte, OHNE dass sie gleich…
Lieblingszitate aus „Gotland“:
„Viel zu lange hatte er sich eingebildet, das Leben würde einfach immer weitergehen. Nun war ihm klar geworden, dass das nicht stimmte. Das Leben war nicht nur kürzer, als er gedacht hatte. Es hörte auch viel früher auf.“
„Wo hatte sie ihre Hände? Zwischen den Beinen? Nein, einen Arm hatte sie abgewinkelt, der Unterarm lag unterm Kissen, die andere Hand hatte sie in unbequemer Stellung hinter ihrem Rücken verkeilt. Nein, sie liebkoste sich nicht selbst.“
Hast Du schon ‚mal Karin Alvtegen probiert ?
Schön. Zitate gefallen mir. Das ist rund – da hämmert schon ein harter beat von Logik durch,
anna
Ja, das hat schon fast Wittgensteinsche Qualitäten.
Karin Alvtegen? Eher wittensteinesk oder logischer Hardbeat oder – ganz anders?
bye
dpr
Eher highsmithesk