Hinternets Resterampe 2009, Teil 5

Was vom Jahre übrig blieben… Wir stellen in dieser Reihe einige Veröffentlichungen vor, die anfangs auf der Strecke blieben und dennoch nicht unrezensiert in unser Archiv abwandern sollten.

Die letzte Ladung auf der Resterampe wird von der „heftigsten“ Platte in dieser Reihe eröffnet: Dem selbst betitelten Album von The Hickey Underworld (Naive/Indigo). Normalerweise erfreut einen das Label Naive mit Electro oder Pop. The Hickey Underworld ist zur Abwechslung mal eine noisige Rockband, deren treibende, manchmal ungestüme bis verkopfte Musik phasenweise an The Jesus Lizard erinnert. Allerdings ist deren Sänger kein David Yow. Zum Noise gesellen sich zudem Alternative- und Indierock-Einflüsse. Die Band aus Antwerpen hat ein wahrlich beeindruckendes Debüt abgelegt. Das wurde übrigens vom belgischen Electropop-Duo Das Pop produziert und von Howie Weinberg (Nirvana) abgemischt.

Nun zu Pelicans What We All Come To Need“ (Southern Lord/Soulfood). Mit Gästen von SunnO))), Isis und Shiner haben Pelican 50 Minuten Musik erschaffen, die jedem Fan des härteren, atmosphärischen Postrock gefallen dürften. Wobei sich in „The Creeper“ — der Name deutet es schon an — auch dezente Doom-Einflüsse eingeschlichen (!) haben. Ihr einstiger Arbeitgeber Hydra Head Records dürfte sich ob dieses gelungenen Albums schwarz ärgern, die Band in Richtung Southern Lord ziehen gelassen zu haben.

Kooperativ sind auch wieder die Notwist-Brüder Markus und Micha Acher unterwegs. Sie haben schon vor längerer Zeit mit Ivica Vucelic (u.a. Die Regierung) und Carl Oesterheld (MS John Soda und Tied & Tickled Trio) 3 Shades, früher Three Shades Of Blues, aus der Taufe gehoben. Auf „Thank God For Beatniks“ (Alien Transistor/Indigo) trifft der Indie-Electro-Postrock von Notwist auf hypnotische Rhythmen, Krautrock und Sprechgesang im Stile von Sage Francis. Nach zwei tollen Lieder — „Bombay Can“ und „Subsequently“ — geht kurzzeitig der Gaul mit ihnen durch: „El Topo“ nervt gewaltig. Aber gleich danach haben sie sich wieder gefangen.

Spuren von Postrock finden sich auch bei Volcano Choir. Die Band um Justin Vernon alias Bon Iver hat den großen Vorteil, auf dessen unverwechselbare Stimme zurückgreifen zu können. Allein das macht „Unmap“ (Jagjaguwar/Cargo) schon unwiderstehlich. Mitunter versinken Volcano Choir etwas zu tief in einem meditativen Jam („Sleepymouth“, „Dote“). Dafür, dass das Album an nur einem Novembertag anno 2008 entstand, gebührt der Truppe größter Respekt. Wir warten jetzt noch sehnsüchtiger auf das nächste Bon Iver-Album.

Und nun zum allerletzten Album des Jahres: „The Sleeper“ (PIAS/Rough Trade) von The Leisure Society. Besagte Band wurde von Multi-Instrumentalist Nick Hemming, dem einen oder anderen vielleicht von She Talks To Angels bekannt, gegründet. Zum ersten Mal benutzte Henning 2004 diesen Namen. Doch erst später wurde eine richtige Band daraus, die just ein respektables Debütalbum veröffentlicht hat. Dessen Ursprung liegt — wie so oft – in einer zerbrochenen Beziehung. Den Schmerz und die Trauer konnten Henning, sein Partner Christian Hardy, ebenfalls ein Multiinstrumentalist, und weitere Musiker in feierlichen wie elegischen Indiefolk umwandeln, der wie so viele gute Indieplatten der letzten beiden Jahre auf mehrstimmige Gesänge setzt. Herrlich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert