Auf den Einfluss des Schauerromans, der Gothic Novel, auf die Entwicklung der Kriminalliteratur muss eigentlich nicht mehr hingewiesen werden. Er hat seine Spuren auch anderswo hinterlassen, von Schiller über Jean Paul bis ETA Hoffmann und darüber hinaus, viele ihrer Elemente finden sich später eben auch im „Krimi“ wieder und einer der zentralen Begriffe der Gothic Novel wurde geschickt trivialisiert, der des „Genius“ nämlich.
Warum mir der Schauerroman gerade in den Sinn gekommen ist? Weil der Klappentext von Stefan Kiesbyes neuem Buch, „Hemmersmoor“, exakt einen solchen verspricht. Und siehe da: Es stimmt. Ganz prächtig ist das geworden, und während ich so drüber nachdenke, kommt mir noch etwas anderes in den Sinn: Der Schauerroman lebt. Nicht nur in Form von Vampirgeschichten und anderen Produkten der „Fantasy“, sondern auch in der Kriminalliteratur. Denn was sind die Romane von Sebastian Fitzek und Konsorten anderes als „Schauerromane“? Sie spielen mit dem Unbegreiflichen, Innen- und Außenwelt sind modernisierte Nachbildungen der alten Ambiente und das Ganze steckt in den Klamotten des Genres, dernier cri in jeglicher Hinsicht. Gerade fällt mir ein, darauf habe ich schon einmal hingewiesen, Wilkie Collins, „Die Frau in Weiß“, aber es ist eben mehr als das.
Davon unterscheidet sich „Hemmersmoor“. So sehr, dass es selbst mir schwergefallen ist, dieses Werk unter „Kriminalliteratur“ zu subsumieren. Mehr dazu demnächst in einer ausführlichen Rezension, aber herrlich, was man aus dem guten alten Schauerroman noch alles herausziehen kann. Große Kunst, Herr Kiesbye, Respekt.
Klingt ja schaurig. Ich glaube, ich muss das lesen…