True Crime. Gibt’s das Ganze auch in False? Naja, müßige Frage. Wenigstens gibt es jetzt eine, ähm, True-Crime-Bibel auch auf Deutsch, „Homicide – ein Jahr auf mörderischen Straßen“ von David Simon. Simon? Klar, „The Wire“ und natürlich „Homicide“ selbst, die TV-Serie zum Buch. Lief auch in Deutschland, noch im vergangenen Jahrhundert bei VOX, zu einer Sendezeit, die man als „nachtschlafen“ bezeichnen kann, was die Dinge ziemlich genau trifft. Nacht im Gehirn, Schlaf in den trägen Gliedern, so kennen wir unser Ländchen, wenn es um das Besondere, das Andere, das Exzellente geht, da haben wir wenigstens das „Weltniveau“, das uns sonst fehlt.
Aber in Ordnung. „Homicide“, das Buch, ist endlich da, im Verlag Antje Kunstmann veröffentlicht, schon stürzt sich das Feuilleton (das korrekte Französisch klingt langsam zu vornehm, man müsste sich eine Verballhornung einfallen lassen) darauf, jenes der →TAZ etwa (das gar nicht Feuilleton heißt), wo eine schwankende Gestalt namens Michael Rutschky sogleich in die bewährte Kiste des geisteswissenschaftlichen Raunens und Rauschens greift, „Der Erzähler in der modernen Welt“, jau, darunter wird’s nicht getan, wenn man so gar nichts mit was anfangen kann und einem die Redakteurin „Du hast ne ganze Seite und die können wir leider nicht nur mit Fotos füllen“ zuruft. Das führt dann zu Putzigkeiten wie „Versteht sich, dass David Simons Monumentalreportage „Homicide“ zu einer Serie verarbeitet wurde, die aber, wenn ich’s richtig verstehe, in unseren Gegenden noch nicht anzuschauen war.“ Ja, wenn man’s richtig versteht, bleibts dennoch falsch, dafür hat Walter Benjamin seinen Auftritt, freut die intellektuellen Flaneure unter den Lesern.
Wie gut, möchte man da ausrufen, dass es auch in Deutschland Menschen gibt, für die True Crime nicht nur ein ästhetisches Froufrou ist, sondern in erster Linie ein Mittel, WELT abzubilden. Bereits 1999 hat Pieke Biermann alles Notwendige zu „Homicide“ geschrieben, das deutsche Trauerspiel inklusive. Aus aktuellem Anlass gibt es den Beitrag nun beim →„Titel-Magazin“ zum Nachlesen (ginge auch im „Krimijahrbuch 2007“, falls sich noch jemand dran erinnern sollte, was das war), was man schon tun sollte, bevor man sich die Endlosserie „Deutschland, du Wunderland der Krimikritik“ weiter reinzieht.
Chapeau! (Und die eigenen Anmerkungen kann ich mir jetzt sparen: gut so.)
Beste Grüße!
Pfuitong?
Hö, hö, da geb ich dir dem Herrn Linder seinen Schappoo mal grad weiter, lieber Johannes! Vielleicht könnte man die ursprüngliche französische Eleganz durch ein „pfuitongue“ konservieren und anstatt von „Edelfedern“ zukünftig von „Igittzungen“ sprechen.
Selber Shampoo.Die Zunge als Folter des Krimialphabets.