Uwe Schimunek: Katzmann und die Dämonen des Krieges

schimunek.jpg Ausgerechnet mir einen „historischen Krimi“ aus der Frühzeit der Weimarer Republik andienen zu wollen, ist schon ein dreistes Stück. Ich schätze dieses sogenannte Subgenre in seiner üblichen Ausprägung nicht sonderlich hoch und gerade die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg war eine Hoch-Zeit deutscher Kriminalliteratur, Ware aus erster Hand also und keine mehr oder weniger didaktischen Belehrungen über „die Vergangenheit“. Nun sind, wir wissen es alle, diese Romane ebenso mehr oder weniger von einem Markt gefegt worden, der sie von Anfang an nur unter dem Label des Schnellvergänglichen vorrätig hatte und nicht archiviert hat. Also ein wenig Nachsicht mit den „historischen Krimis“. Sie stoßen in eine selbstverschuldete Marklücke.

Uwe Schimuneks „Katzmann und die Dämonen des Krieges“ spielt im Leipzig des Jahres 1920. Ein Fabrikant wird in seinem Büro ermordet, der Dresdner Journalist Katzmann, als Verstärkung der Leipziger Dependance seines noch mit Publikationsverbot belegten Blattes in die Stadt gekommen, wittert „einen Fall“ und geht, von einem jungen Kollegen unterstützt, der Sache nach. Er stößt auf mit verwüsteten Gesichtern gebrandmarkte Kriegsheimkehrer, rechtslastige Kriegsgewinnler, Möchtegern-Gigolos, traumatisierte Arbeiter, gradlinige Polizisten und Zeitungsleute und, natürlich, auch auf weibliche Unschuld in Gestalt einer jungen Sekretärin, die Katzmann sogleich mit zarten Banden einwickelt. So fügt sich nach und nach das gewünschte Genrebild zusammen, mit Rückgriffen auf die im Titel erwähnten Dämonen des Krieges und Vorgriffen auf die kommenden, noch bestialischer wütenden Teufel.

Natürlich sind das Versatzstücke, sorgfältig ausgewählte Personen, die nicht für sich, sondern für eine Epoche stehen müssen. Genauso war es auch beabsichtigt. Aber Schimunek macht das auch technisch nicht ungeschickt, der Fall entwickelt sich, wie man zu sagen pflegt, „rasant“, manchmal ein wenig zu rasant, viele Fäden werden ausgelegt und miteinander verknüpft. Nicht dass mich der Roman vom Hocker gehauen hätte. Konnte er auch gar nicht, denn wirklich Neues ließ sich hier natürlich nicht erfahren. Als Teil der Infotainmentkultur jedoch braucht sich der Roman nicht zu verstecken. Handwerklich solide, mit den bekannten Grabbeigaben des Genres ausgestattet, sogar die Liebesgeschichte stört nicht weiter.

Die Figur des Katzmann ist übrigens Objekt eines „Kettenromans“, den der Verlag von diversen AutorInnen fortschreiben lässt. Ein Typ, wie man sich den pfiffigen und rasenden Reporter der Weimarer Trubeljahre vorstellt, nicht sonderlich in die Tiefe angelegt, was aber in Ordnung geht. Wer aus lokal- oder allgemeingeschichtlichen Gründen zum Krimi greift, kann hier nichts falsch machen. Das was Schimunek hochzieht, ist das grobe Skelett einer Zeit, deren kriminalliterarisches Fleisch der gutsortierte Antiquariatshandel für Jäger und Sammler bereithält. Mehr war, noch einmal, nicht zu erwarten.

Uwe Schimunek: Katzmann und die Dämonen des Krieges. 
Jaron 2011. 208 Seiten. 7,95 Euro

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