Kalenderblatt. Beinahe ein Prosagedicht

Tag des Urheberrechts. Heute erwacht Marie-Luise Herzogenbroich-Krempscheid voller Tatendrang und Kampfeslust. Sie wird sich artikulieren, die Finger in sämtliche Wunden legen, den Pharisäern die Leviten lesen, den zum ewigen Fegefeuer Verdammten zurufen: TUT ES NICHT, LASST AB! BLEIBT SAUBER! BEZAHLT! Ja, sie wird es tun voller Inbrunst, denn: In ihren Albträumen hat sie das Armageddon erblickt, die Maginotlinie des Copy & Paste, die Killing Fields des Kreativen, den Schlachthof der Träume von Reibach und Ruhm. Millionen von Dieben, die Raubfinger am klickbereiten missbrauchten Tier, der unschuldigen Maus, nur eines im Sinn: für umme downloaden. Und was, oh Zeus? Natürlich IHREN Roman! Klebebindung, kein Lesebändchen, Erstauflage 300 Stück: „Bitterlich sollst du mir büßen – ein Iserlohn Krimi“. Oh, welch schreckliche Vision! Millionen von Dieben! Die sich in ihr intellektuelles Verderben stürzen, nur einen Mausklick entfernt und doch ein Abgrund der gerechten Strafe.

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