„Es beginnt am hellichten Tag“: in Pieke Biermanns aktueller Kriminalreportage, die man am Freitag, dem 4. Juli 2008 im RBB-Inforadio 93,1 um 10:27 und 13:27 Uhr hören und am Sonnabend, dem 5. Juli 2008 im TAGESSPIEGEL lesen kann (oder per Klick aufs Radio). Aber das ist nichts weniger als sonnig und freundlich, was uns Pieke da zu berichten hat: Kinderpornografie, Kindermissbrauch. Finster ists unter dem Asphalt von Berlin.
Kinderpornographie im Internet, biedere deutsche Männer aus allen Schichten, die “der Kinder wegen” nach Thailand fahren – das ist stichwortartig im öffentlichen Bewusstsein abgespeichert. Aber dass all das auch hier stattfindet, das scheint unterhalb der Bewusstseinsschwelle der Öffentlichkeit abgekapselt zu sein, in der es fast immer beginnt. Am hellichtenTage,mitten unter uns.
Jeder vierte männliche Berliner unter 18 ist schon mal von einem “bösen Onkel” angebaggert worden, jeden zwölften hat ein “Kinderschänder” zu sexuelle Handlungen mit oder ohne direkten Körperkontakt gezwungen. Zahlen aus dem Jahr 2004 – aus einer Studie im Auftrag des Präventionsprojekts Berliner Jungs.
Die Quoten sind heute vermutlich noch höher, und “böse Onkels” und “Kinderschänder” klingt inzwischen auch eher frivol verniedlichend für Täter, die eins gemeinsam haben: Sie suchen und organisieren sich Opfer für pädosexuelle Gewalt. Nicht nur, aber vor allem männliche. Ansonsten operieren sie differenziert:vom Einzeltäter, der den Eigenbedarf befriedigt, bis zur internationalen Organisierten Kriminalität, die die Wünsche ihrer Kundschaft bedient, Menschenhandel und Schleusung inklusive.
Opfer finden sie alle: überall da, wo das soziale Defizit herrscht – Mangel an Liebe und Interesse, Mangel an Geld und gesellschaftlicher Anerkennung, Mangel an qualifizierter und kontrollierter Sozialarbeit. Sport- und Freizeitstätten für Kinder und Jugendliche, die zu Parkplätzen für 1€-Jobber und ABM degradiert werden,
sind für Pädosexuelle noch paradiesischer als all die kalten Einkaufscenter mit den Spielekonsolen, an denen sich der Nachwuchs scharenweise die Zeit vertreibt.
Die Polizei erfährt von all dem eher selten. Mit der Verhinderung und den Folgen des “Missbrauchs” schlagen sich vor allem die Sozialarbeiter der Streetwork- und Stricher-Projekte herum: Gangway, Subway, Berliner Jungs. In das Dunkelfeld der sexuellen Ausbeutung allerdings fällt inzwischen Licht – das Berliner LKA hat vor gut einem Jahr das bundesweit erste OK-Spezialkommissariat für solche Delikte eingerichtet und vor kurzem eine Kreuzberger Shisha-Bar dichtgemacht, in der Jungs für “Fotos” geködert wurden.