Christiane Geldmacher: Rheingauer Spitzen

Eigentlich geht das ja so: Jemand schreibt ein Buch, das Buch wird veröffentlicht, der Kritiker bespricht das Buch. Wenn wir heute eine Ausnahme von dieser Regel machen und ein Buch besprechen, das es als solches noch gar nicht gibt, dann aus gutem Grund. Von Christiane Geldmachers Kriminalroman „Rheingauer Spitzen“ wurde im Netz schon viel gemunkelt; kein Wunder, spielen doch Internet und Blogosphäre darin eine entscheidende Rolle.

Als einer der ersten hat der Kritiker von wtd das fertige Manuskript gelesen – und spontan eine Kurzkritik verfasst. Und da Frau Geldmacher so nett war, uns das zweite Kapitel Ihres Romans zum Vorabdruck zu überlassen, gibt es dazu besagte Kurzkritik – und die Leseprobe natürlich. Wir wünschen viel Vergnügen!
Noch ein Regionalkrimi? Der hundertste Weinkrimi? Ein Blogkrimi?

Halten wir uns nicht mit Kategorien auf, lesen wir Rheingauer Spitzen. Der Besitzer eines Weinguts in Frauenstein bei Wiesbaden, reichlich bizarr, ermordet. Ein Ekel war er wohl, die Familie hat ihn gehasst, die Angestellten auch. Aber eigentlich ist keiner mehr außer dem Kellermeister Rupert Urich da – und sein Mäzenatentum für Lyrikerinnen galt wohl auch mehr den Produzentinnen als den Produkten. Kommissar Ludwig Leichhardt von der Wiesbadener Kripo bricht zähneknirschend ein Sabbatical in Berlin ab, weil die KollegInnen vor einem schwierigen Fall stehen.

Und da wäre er auch schon, der kleine Unterschied. Ein Polizeiroman ist Rheingauer Spitzen, die minutiöse Abfolge von Ermittlungen und Verwicklungen, Erkenntnissen und Schlussfolgerungen. Im Mittelpunkt jedoch steht das Team um Leichhardt, kein mit seinen privaten Katastrophen nervendes Kollektiv, sondern eine konzentrierte und dennoch skurrile Truppe.

Dies allein wäre noch nichts besonderes. Aber wie Christiane Geldmacher die Handlung in witzigen Dialogen und lakonischen Beschreibungen vorantreibt, hebt Rheingauer Spitzen aus dem ewigen Allerlei der Krimiproduktion. Ihr Personal, das ermittelnde besonders, ist nicht einfach komisch, um komisch zu sein. Es sind Menschen mit Macken, die liebevoll beschrieben werden, sie führen uns nicht wie örtliche Fremdenverkehrsexperten durch den Rheingau, sondern bringen ihn uns als Kulisse ihrer Arbeit nahe.

Ach ja, und dann das Blog. Ein solches Blog installiert auch die Wiesbadener Kripo – was zum einen hochkomisch ist, zum anderen hilfreich bei der Auflösung des Falls. Übrigens hat Christiane Geldmacher hier Nägel mit Köpfen gemacht und selbst ein Kommissarblog eingerichtet, in dem ihr Personal mit den Lesern kommuniziert, die somit selbst Teil der Fiktion werden, beurteilen, kritisieren, anregen – Ergebnisse dessen sind in das Buch eingeflossen.
Kurzum: Rheingauer Spitzen ist ein origineller Kriminalroman, souverän, leicht, aber doch mit Verve geschrieben, mit Dialogen, wie sie zur Zeit nur wenigen KollegInnen gelingen. Oder noch kürzer: Rheingauer Spitzen machen Spaß.

zur Leseprobe

3 Gedanken zu „Christiane Geldmacher: Rheingauer Spitzen“

  1. Schein mir eher dafür geeignet, in einer Weinhandlung als Beilage gereicht zu werden. Oder aber man sollte einen passenden Rheingauer zum Buch reichen, damit der Leser sich diesen Käse schön trinken kann.

    thomas
    *heute voller Lebensweisheit
    ** wohnt nahe einer Brauerei

  2. Sie hat einen unverwechselbaren Ton, der sich durch alles zieht, was sie schreibt. Leicht, gute Figuren, ein Thema – das muß man erst mal haben. Gut, daß er auch HIER nicht fehlt. Bitte öfter solche Autorenspecials auf solchen Plattformen bringen, Rezension/Leseprobe/Interview/Biobibliographie zusammen. Könnte mir hohen Nutzerwert für Leser/Rezensent vorstellen. Stefan Forster, DA

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