In drei Büchern hat uns Iain McDowall bisher mit diversen Fällen für sein Ermittlerduo Jacobson und Kerr durchaus entzückt. Rasante Krimis mit einem Blick für die soziale Wirklichkeit, die Polizeiprotagonisten, obwohl nicht frei von Problemen, dezent im Hintergrund, manch dramaturgische Extravaganz als Zugabe. Könnte eigentlich so weitergehen. Tut es aber im vierten Buch, „Gleich bist du tot“, nur bedingt.
Dabei beginnt es vielversprechend. Vier Hochschulabsolventen unter der Führung des charismatischen Brady haben sich ein besonders zynisches Hobby zugelegt. Sie entführen junge Frauen und inszenieren deren Ermordung. Nachdem sie ihre Opfer genügend gedemütigt und ihnen ein Trauma fürs Leben verpasst haben, lassen sie sie frei. Das Ganze läuft dann als „Kunst“ und wird mit entsprechenden „Manifesten“ der Öffentlichkeit nahegebracht. Als erste geht den Vieren Tracey in die Falle, ein Mädchen aus dem „sozialen Brennpunkt“ von McDowalls fiktiver Stadt Crowby.
Das hat eigentlich eine reizvolle Fallhöhe: Durchgeknallte Elitekids, die ihre üblen Intellektuellenspielchen an den Armen austoben, die wahrlich andere Sorgen haben. Nur leider: Genau diese Stärke McDowalls, der erzählerisch prägnante Querschnitt durch die sozialen Schichten, wird hier verschenkt. Zwar begegnen uns Tracey und ihr Freund Casper noch hier und da im Text, etwas anderes als schematisch und reichlich lustlos beschriebene „Unterschichtenexempel“ sind sie allerdings nicht. Am Ende bringen sie – was von Anfang an klar ist – die Polizei auf die richtige Spur und ihr bislang verpfuschtes Leben in den Griff. Ja wenn’s denn so einfach wäre.
Das Quartett aber quält weiter und geht dabei ziemlich wahllos vor. Die Charakterisierung der Vier ist ebenfalls eher oberflächlich. Brady, das Genie, die diabolisch-sadistische Annabel, die unterwürfige Maria und schließlich Adrian, der Computercrack. Am Rande geht es auch noch um „Identitätsdiebstahl“ via Internet, ein in letzter Zeit beliebtes Krimisujet, doch selbst das geschieht nur in Andeutungen und vermag nicht zu überzeugen.
Vollends unglaubwürdig wird die Geschichte, als die Vier die Tochter eines reichen Exrockstars entführen. Jetzt nämlich zurrt die Anfangskonstellation auf das zusammen, worum es in den meisten Kriminalfällen geht: Geld.
Sicher: McDowall ist ein talentierter und versierter Autor, auch dieser Roman wieder angenehm zu lesen, viel Action, einige Spannung, einige Kleinbeobachtungen, die zu überzeugen wissen. Insgesamt jedoch wirkt „Gleich bist du tot“ zu zerfasert, zu vorhersehbar. Bedauerlich, wie McDowall die Fäden aus der Hand gibt. Hätte was werden können. Wurde aber nur Durchschnittskost.
Iain McDowall: Gleich bist du tot.
Dtv 2009 (Cut Her Dead, 2007. Deutsch von Werner Löcher-Lawrence).
396 Seiten. 8,95 €
„diabolisch-sadistische Annobel“? das hast du doch erfunden!
So gegen Ende des Buches erfahren wir, dass Annabel anders heißt. Jane, glaub ich. Aber das hilft ihr auch nix…
bye
dpr