The Handsome Family: Twilight

„Schickt tote Vögel oder Schokolade“ steht über der Adresse der Handsome Family im Booklet. Und genauso stellt man sich die beiden auch vor: verschroben, morbide, aber eigentlich doch ganz reizend.

Die Handsome Family, das sind Mr. und Mrs. Brett und Rennie Sparks. Und sie haben den Ruf von Freaks. Das liegt zum einen am Gerücht, sie hätten sich in der Psychiatrie kennengelernt. Und zum andern an der Stoik ihrer Musik.

Weiterlesen

Stadtlandschaft

Wenn bei der Wohnungsbesichtigung das Wort „Stadtlandschaft“ fällt, ist es der richtige Zeitpunkt, zu gehen. Oder den Vermieter zu bitten, die Rolläden der Fenster hochzuziehen und einen Blick nach draußen zu gestatten. Nur, um die schlimmsten Befürchtungen bestätigt zu sehen…

Weiterlesen

Ashby: Power Ballads

Auch wenn der Albumtitel nach purer Kraftmeierei klingt – die „Power Ballads“ sind in Wirklichkeit locker-luftige Pop-Liedchen. Allerdings mit Ausnahme-Arrangements.

Ashby (Evelyn Pope und William Cowie, ein Duo aus Amerika) packen ihre Melodien in verspielte Lounge-Outfits bis hin zum lässigen Easy-Listening-Flair. Zarte Gitarren, Vibraphon, Glöckchen, blubbernde Elektronik, Flöten, Streicher und der gute, alte Moog. Alles leichtfüßig und transparent miteinander verwoben. Das Resultat klingt romantisch, edel und angenehm altmodisch.

Weiterlesen

Jimi Tenor: Utopian dream

Karg sind sie immer noch, die Song-Landschaften des Jimi Tenor. Aber wesentlich heller als auf dem Vorgänger „Out of nowhere“.

Der Beat ist der Schrittmacher in Tenors Musik. Auf ihm wabern und fließen seine sanften Klänge. Wie Linien umschlingen sie einander, es perlt, funkelt und strahlt sphärisch in den Raum. Gebrochen durch grollende Piano-Akkorde und staubige Hi-Hats. Und immer wieder trockene Flöten-Stöße und hölzerne Percussion-Tupfer.

Weiterlesen

Melomane: Resolvo

Ausgerechnet das dunkle, prollige Brooklyn gebiert das musikalische Edelweiß dieses Herbstes: eine Truppe gestandener Instrumentalisten namens „Melomane“.

Verschroben, verspielt und voll Poesie: „Resolvo“ verzaubert. Schwerfällig und rustikal, aber auch traumhaft schwebend, hängt es irgendwo zwischen rumpeliger Trucker-Polka und zarter Psychedelik. Streift Folklore, Jazz und gleitet ab in unwirklich-leuchtende Klangwelten. Experimentiert mit Sound-Collagen, symphonischen Arrangements, simplen Folk-Mustern und Harmoniegesang. Für den schillernden Klang sorgen typisches Rock- und Folk-Equipment, aber auch Streicher, Bläser, warm wabernde Orgel und fremdartig-irreales Vibraphon.

Weiterlesen

Phantom Ghost: Phantom Ghost

Staksige Beat-Boxes, Elektronik-Klänge, so schüchtern wie der Morgentau, und unschuldige Low-Fi-Simmen. Die Musik von Phantom Ghost hat etwas bezaubernd Naives, obwohl zwei ausgebuffte Profis dahinterstecken: Thies Mynther (Stella, Egoexpress) und Dirk von Lowtzow (Tocotronic).

Sperrig und spröde klingen die meisten PG-Songs, ihr Pop-Wesen springt einen nicht wirklich an. Man harrt aus, lässt sie auf sich wirken und guckt, was sie mit einem anstellen. Schräg und ungeübt scheinen sich Phantom Ghost besonders gern zu geben, sie kokettieren mit ihrer längst vergangenen (?) Pubertät.

Weiterlesen

Asian Takeaways

20 Kostbarkeiten, die man im China-Restaurant nie zu hören kriegt – sträflicherweise! -, das sind die „AsianTakeaways“. Grellbunte, süßliche Popsongs aus Hongkong, Korea, Japan, Malaysia und Singapur. Obskure, west-östliche Stilmixe aus den 60er- und 70er-Jahren mit viel Hall auf den Stimmen. Asiatische Musiker scheinen damals hemmungslos westliche Popströmungen geplündert zu haben, um sie mit ihrem heimeligen Plüsch-Sound zu kreuzen. Das Ergebnis ist ein exotischer Hybrid: schwindelerregende Vokalverrenkungen und dramatische Arrangements zu Ohrwurmmelodien, die irgendwo auf halbem Weg zwischen London und Tai Pe geboren wurden.

Weiterlesen

Weezer: Weezer

Im Grunde sind Weezer ein einziger Affront. Dass sie es wagen, ihren unbekümmerten Highschool-Rock derart glattgebügelt zu präsentieren! Dass sie sich nicht nur in die Nähe, sondern sogar ins Zentrum des Garagen-Sounds zu begeben, mit ihren kleinen Pop-Perlen, diesen Mini-Teenie-Dramen… Dass sich hinter den Milchgesichtern eine solche Cleverness verbirgt!!!

Weiterlesen

Realismus und Magie – Ein Nachruf auf Morris

Dass ich nicht der einzige Lucky Luke-Fan war, merkte ich in der fünften Klasse. Als wir uns im Englisch-Unterricht englische Namen geben sollten, nannte sich ein Klassenkamerad fortan „Averell“.

Morris – das ist für die meisten einfach „Lucky Luke“. Auch für mich. Ich besorgte mir die Hefte stapelweise aus der Bücherei. Keine Ahnung, wie sehr der dünne Cowboy mein Männerbild prägte. Denn klar: er war einfach ein Traummann. Verantwortungsbewusst, gelassen und attraktiv. Immer auf der Seite der Guten. Sportlich. Eben schneller als sein eigener Schatten. Wie oft hab ich vor dem Spiegel geübt…

Weiterlesen