ESC 2010: Griechenland

Giorgos Alkaios & Friends: „Opa“

Kein schlechter Trick am Anfang, einfach mal einen Klingelton nackt stehen zu lassen. Auf der Couch müssen die Leute dann einfach nur sagen: „Weisst du noch, das Ding mit dem Klingelton“, und jeder weiß, was gemeint ist. Das gibt schonmal einen Extrapunkt. Ansonsten könnte das auch der Beitrag aus der Türkei sein, klingt reichlich orientalisch. Kraftpaket mit Stampfrhythmus und vielen abrupten Wechseln. Die Griechen scheinen genau studiert zu haben, wie Ruslana damals ans Werk gegangen ist – zumindest musikalisch.
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ESC 2010: Malta

Thea Garrett: „My dream“

Gute alte klassische ESC-Hymne. Frau träumt sich singend in andere Welt. Naja. Aber fertig gesungen, ist das Lied auch schon wieder raus aus dem Ohr. Die aparte Stimme, der Liza Minelli-Look und der Flattermensch im Megakostüm hinter der Sängerin nützen da auch nix. Noch nichtmal der Oktavsprung am Ende.
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ESC 2010: Polen

Marcin Mrozinski: „Legenda“

Junge, was ist das denn für ein Einstieg? Düsterer Harmoniegesang, direkt danach Zwölfton-Fiedelklänge. Das ist doch mal was anderes! Irgendwie folkloristisch, aber auch verdammt sperrig und nur mit einem Hauch von Polenklischees. Die eingängigeren Melodieteile zeigen sich peu à peu, wie das Fruchtfleisch beim Schälen einer Apfelsine. Keine leichte Kost, obwohl der Song flüssig plätschert. Hm. Schon wieder einer mit einer bleischweren Ballade. Dürfte es schwer haben.
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ESC 2010: Serbien

Milan Stankovic: „Ovo je balkan“

Nicht jedermanns Sache – sowas von demonstrativ Balkanesisches! Aber das Ding kickasst, Ohrwurm, Sommerhitpotential, furiose Bläser. Balkan-Techno? Serbendisko? Hoffentlich bringt Milan Stankovic (Le Frisur!!!!! Blonder Pagenkopf mit Experimentalpony, die zweite) seine lustigen Dragonertänzerinnen mit. Schonmal von der Bolschewistischen Kurkapelle Schwarz-Rot (oder so ähnlich) gehört? In deren Repertoire würde das hier auch prima passen.
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ESC 2010: Lettland

Aisha: „What for“

Düstere Balladen mit spärlicher Synthie-Begleitung scheinen dieses Jahr irgendwie in zu sein. Typische Schluchz-Ballade und auch sonst irgendwie zum Heulen, unter anderem durch den Akzent der Sängerin, für den sie natürlich nichts kann – aber muss es unbedingt auf englisch sein? Kein Herz, keine Wärme, reichlich nerviger Refrain, der am Ende die Rampe zur großen stimmlichen Leistungsschau bildet. Typisches furioses Finale, tausendmal gehört.
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ESC 2010: Finnland

Kuunkuiskaajat: „Työlki ellää“

Entschuldigung, ist das türkisch? Nein, was sich erst so anhört, mündet in eine Polka (mit Geige, klar), muss also irgendwo aus dem Norden kommen. Und richtig: die Finnen. Mit vielen harten gerrrrrrrrrrrollten Rrrrrrrrrrrrrrrrrrs. Musikantenstadlfreunde können mitschunkeln, und in dunkeln Kaschemmen kann man sich zu solcher Musik auch prima ins Koma saufen.
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ESC 2010: Slowakei

Kristina: „Horehronie“

Wunderbare Folkpop-Ballade. Vielleicht überlagern die Ethno-Beats ein bisschen zu sehr die wirklich sehr schöne Melodie. Denn dies hier ist ein feiner Ohrwurm, den man auch im Stil der isländischen Sängerin vom letzten Jahr ganz schlicht als klassische reduzierte Ballade hätte gestalten können. Daumen hoch für den Mut zur Perkussion – vielleicht macht das auch einfach den Hintergrundtänzern die Sache leichter. Erkennbar balkanesk, aber nicht aufdringlich – diese Musiksprache versteht man auch im Westen.

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ESC 2010: Estland

Malcolm Lincoln: „Siren“

Juiii! Sehr düster, sehr ausgefallen. Beginnt als spartanisch instrumentierte Ballade mit gespenstisch verzerrtem Chor, wechselt zum Refrain in flotteres Tempo, um dann zurückzufallen in die schluffige Anfangsgangart. Das ist keine ESC-Allerweltskost, Respekt. Aber man muss schon großer Depeche Mode- oder Joy Division-Fan sein, um „Siren“ zu goutieren. Und man muss viel gute Laune mitbringen, um diesen Downer zu überstehen.

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ESC 2010: Russland

The Peter Nalitch Band: „Lost and forgotten“

Was ist das denn, um Himmels Willen? Hier hat aber keine ESC-Beratungsschmiede gegen einen sechsstelligen Eurobetrag am Beitrag gewerkelt. Das hier ist Marke Eigenbau. Schleppende, entsetzlich elegische Ballade. Durchaus Ohrwurm, aber der Sänger liegt irgendwo zwischen Knödeltenor und Kastrat. Ohren auf bei den kuriosen Akzenten, die der Hintergrundchor setzt!

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ESC 2010: Der Doktor ist… da

Nach längerer Sendepause meldet sich unsere Gemeinschaftspraxis mit einer kleinen Fleißarbeit zurück. Im Vorfeld des diesjährigen Eurovision Song Contest und der beiden Halbfinale werden wir alle 39 Bewerber vorstellen und eine Prognose über ihr Abschneiden abgeben. Grundlage sind die Videos der Teilnehmer, die man u.a. hier finden kann: ↑NDR – Die Kandidaten im Porträt.

Unsere Prognosen sind natürlich fachkundigst, trotzdem ist nicht auszuschliessen, dass Europa völlig anders abstimmen wird als von uns erwartet. Denn auch in Oslo gilt: die Wahrheit liegt auf dem Platz. Wenn sich im entscheidenden Moment der passende Ton verweigert oder gar das Trickkleid streikt, dann hilft das beste Video (und die profundeste Prognose) nichts mehr.

Freut Euch auf eine 39teilige Komödie der Irrungen, Wirrungen und der ganz großen Gefühle. Ab morgen früh hier bei Hinternet.

Tatort: Hilflos

Mobbing unter Schülern ist grausam. Kinder und Jugendliche können erschreckend brutal zueinander sein und einander teils irreparable seelische Schäden zufügen. Mobbing ist immer wieder auch das Thema in Drehbüchern. So wie im Fall des neuen SR-Tatorts „Hilflos“ von Stefan Schaller und Sabine Radebold.

Im Mittelpunkt steht der Schüler Tobias Rothgerber. Er ist in seiner Klasse ein Außenseiter, ist groß und dürr, trägt eine Zahnspange und wirkt ungepflegt. Er ist alles andere als beliebt. Ihm hat gar mal ein Mitschüler in seine Diddlmaus-Brotdose geschissen. Kein Wunder, dass Rothgerber ein verschlossenes und verängstigtes Wesen ist. Jetzt hat er auch noch seinen besten Freund David verloren.

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Frau Merkel schnallt den Gürtel enger

Hat von Euch jemand die Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin gehört? So ganz genau gehört, meine ich. Für diese Festtagsansprachen sollte man eigentlich immer die Kopfhörer auspacken. Da hört man mal Leute im Hintergrund reden oder erkennt an den Sprüngen in der „Atmo“,  wann und wie oft die jeweilige Rede geschnitten wurde.

Bei Angela Merkel eben schien es mir, als hätte mehrfach ihr Magen geknurrt. Passend zum Problemjahr 2010 auf das sie uns einstimmen wollte („Manches wird gerade im neuen Jahr erst noch schwieriger, bevor es wieder besser werden kann.“) Symbolpolitik, hör ich da die Kritiker rufen. Gewiss, gewiss. Aber im Vergleich zu ihren Vorgängern geradezu feinsinnig.

Knurr!

Zwischen Roboterhaftigkeit und Peinlichkeit

Das Gute an dieser Bambi-Verleihung war, dass man als Zuschauer vor dem Fernseher das Gefühl hatte, mit seinem Grausen nicht allein zu sein. Auch das Publikum im Saal schien von einer lähmenden Fassungslosigkeit ergriffen zu sein und reagierte auf das, was es sich da ansehen und anhören musste, indem es sich über weite Strecken totstellte. Zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl, dass sich auch Regisseur und Aufnahmeleiter entweder erhängt oder ins Ausland abgesetzt hatten – vielleicht waren sie aber auch nur damit beschäftigt, hinter der Bühne Autoren und Verantwortliche zu würgen.

Stefan Niggemeier im FAZ-Fernsehblog über die Bambi-Verleihung (ARD): ↑Das Grauen im Zeichen des goldenen Rehs