Charles d‘ Ambrosio – Ihr wirklicher Name

Bei einem guten Buch wie diesem kommt man nie ganz dahinter, warum es so gut ist. Phrasen von der „unverwechselbaren Stimme des großen Erzählers“, wie sie der Klappentext bemüht, helfen da nicht weiter. Über den Autor erfahren wir nur, daß er 1960 geboren ist – ganz so neu ist die Stimme also auch nicht mehr – und in Seattle lebt. Im Nordwesten der USA spielen auch die sechs Stories, die unter dem Titel ‚Ihr wirklicher Name‘ bei btb erschienen sind.

Erzählt wird von Menschen zwischen Meer und Schnee, die unter der sogenannten ‚Schwere des Seins‘ leiden, zugleich aber „spüren, wie die Ewigkeit auf einen herabblickt“. Die große Welt ist immer da, im Hintergrund. Vor Augen die kleinen Dinge des tätlichen Lebens, ein Weingummi, eine gebackene Kartoffel, die – so glasklar wie d’Ambrosio betrachtet – eine neue Dimension gewinnen. Alles eine Frage der Perspektive und d’Ambrosio entdeckt aus seiner Persprektive im Unbedeutenden etwas, das eine neue Leichtigkeit mit sich bringt.

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Peter Kuper/Franz Kafka – Gibs Auf!

Club der toten Dichter, Teil 714

Wie hat der Literaturwissenschaftler Patrick O´Neill mal so schön zu Kafka Übertragungen ins Französische gemeint: „Mein Kafka ist nicht dein Kafka.“ Damit hat er den Nagel auf den Kopf getroffen.

Jeder, der sich mit Kafka beschäftigt, macht sich seinen Kafka selbst. Die seriöse Literaturwissenschaft hat ihren Kafka, der vor allem ‚kafkaesk‘ ist, die jüngeren Intellektuellen haben einen Kafka, der eine Vorliebe für Bodybuilding (damals noch Körperkultur genannt) hatte, gern Motorrad fuhr und begeisterter Jahrmarktgänger war und für viele amerikanische Leser, aber auch deutsche, ist Kafka erstmal ein kleiner, knöchriger Schriftsteller aus dem alten Prag, der phantastisch schrieb, aber irgendwie doch depressiv und paranoid war.

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