Yrsa Sigurđardóttir: Die eisblaue Spur

„Die eisblaue Spur“ ist eines jener Bücher, bei deren Lektüre man Gott auf den Knien dankt, kein Übersetzer zu sein. Man transportiert aus dem Isländischen ins Deutsche so wie man meinetwegen eine Fuhre Kartoffeln von München nach Hamburg schafft. Sich an die Verkehrsregeln halten, zügig fahren, aber wissen, dass Kartoffeln ein relativ bedürfnisloses Gut sind, dass auch schon mal einen Wackler verträgt. Ansonsten wird’s eine recht langweilige Fahrt. Und die dürfte auch Übersetzerin Tina Flecken beim Transport dieses Buches gehabt haben.

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Phantom Ghost: Phantom Ghost

Staksige Beat-Boxes, Elektronik-Klänge, so schüchtern wie der Morgentau, und unschuldige Low-Fi-Simmen. Die Musik von Phantom Ghost hat etwas bezaubernd Naives, obwohl zwei ausgebuffte Profis dahinterstecken: Thies Mynther (Stella, Egoexpress) und Dirk von Lowtzow (Tocotronic).

Sperrig und spröde klingen die meisten PG-Songs, ihr Pop-Wesen springt einen nicht wirklich an. Man harrt aus, lässt sie auf sich wirken und guckt, was sie mit einem anstellen. Schräg und ungeübt scheinen sich Phantom Ghost besonders gern zu geben, sie kokettieren mit ihrer längst vergangenen (?) Pubertät.

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Vienna Scientists III

In „Lost In Music“ zur Gattung „Trip Hop und Down Beat“ bezeugte ein gewisser Richard Dorfmeister, dass Wien die loooongsooomste Staaadt in der gonzen Welt sei. Wenn man sich die Sampler – Reihe Vienna Scientists bis zu dem dritten Teil anhört, dann wird dieser Eindruck bestätigt.
Auf der nun vorliegenden Veröffentlichung, die mit dem Untertitel „A mighty good feeling“ versehen ist, wird der bekannte Stil aufgelockert, und zwar durch eine handvoll Up-tempo-Stücke, die meist jazziger Natur sind. Für die Fraktion, die nur Chill-out will, ist der Nu Jazz-Fusion-Anstrich im Latingewand wohl viel zu häääktisch! Ich persönlich finde, dass eine Compilation mehr braucht als Gedaddel auf hohem Niveau („Tosca“).

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Andreas: Capricorne – Das Objekt

Irgendwie scheint es nichts Neues mehr unter dem Comic-Himmel zu geben und das in einer Zeit wo die Kunstszene in allen erdenklichen Formen wuchert und die seltsamsten Triebe zeigt. Tief im Dekor und im Geist der 80er ist ‚Capricorne‘ steckengeblieben: Hochgradig postmodern: harmonisch zusammengefügte Zeitzitate wie Zeppeline und mittelalterliche Bibliotheken, Chicago 1925 mit Gangstern in schwarzen Anzügen und Orwellschem Überwachungsstaat. Ausgeführt wird das Szenario im Stil von Moebius und bringt als Plot einen geheimnisvollen Fremden – Capricorne – der im endzeit-winterlichen New York in die Suche nach einem mysteriösen Objekt verstrickt wird. Einziges Manko: Gegenwärtiger Zeitpunkt 1998, wo das alles nicht mehr sooo originell wirkt.

Andreas
CAPRICORNE - Das Objekt
Carlsen 18,90 DM
ISBN 3-551-73351-1