Mein Leben mit Hugo Pratt

Hugo Pratt ist tot und er hat einen ganz schönen Haufen Zeichnungen hinterlassen. Das erste, was ich von Pratt las, müssen die Südseeballaden mit Corto Maltese gewesen sein, Mitte der siebziger Jahre. Sie erschienen als Fortsetzungsgeschichte in „Zack“, das ich damals neben „Perry Rhodan“ gegen eine Lesegebühr von 5O Pfg. von meinem älteren Bruder bezog.

Ehrlich gesagt konnte ich damals 15-jähriger mit Pratts „romantischen Helden“ nicht allzuviel anfangen. Ich stand ihnen und ihren Abenteuern mit einer pubertären Mischung aus Neid und Ablehnung gegenüber und konnte mich nicht damit abfinden, dass es vor 60 Jahren Leute gegeben haben sollte, die tollere Sachen erlebten, als ich sie jemals erleben würde. Ich kehrte schnell zu Michel Vaillant und Luc Orion zurück – da war noch alles drin.

Später begegnete mir Corto Maltese, jener schillernde Abenteurer aus den Südseeballaden, im Gare de Lyon wieder. Ich war auf einer Rucksacktour und in entsprechender Stimmung und kaufte mir für 35 F in einer Bahnhofsbuchhandlung ein Maltese-Album. Den Titel habe ich vergessen, den französischen Text habe ich nicht verstanden, aber der Zeichenstil zog mich an. Ich wollte selber Comics zeichnen und fand, dass Pratts effektvoller Strich mir sehr entgegenkam, in dem Bemühen, meine Geschichten besser aussehen zu lassen, als ich zeichnen konnte. Ich schaute mir einige Tricks ab, dann habe ich das Heft hergeliehen und nicht mehr zurückbekommen.

Das ist jetzt zehn Jahre her und ich hätte auch bis heute kein Pratt-Album mehr angerührt, wäre der „heilige Hugo“ nicht jüngst gestorben. So nahm ich mir drei seiner jüngeren Werke vor, zwei Corto Maltese von 1987 und 1990 und Cato Zulu (über eine Gestalt aus dem Südafrika der alten Empire-Zeit), ebenfalls von 1990. Und siehe da, ich habe alles verstanden und dann ein Album nach dem anderen durchgelesen und hätte auch noch drei weitere geschafft, hätte ich sie im Haus gehabt. Wahrscheinlich bin ich endlich im richtigen Alter für Pratt. Dass sich in den Geschichten manches Klischee und manche Abgeschmacktheit tummelt, stört mich nicht sehr, trübt nicht den Lesespaß. Auch Cortos bisweilen reichlich aufgeblasene Monologe seien verziehen. Gehört halt alles dazu, und er war schon ein ziemlich toller Hecht, dieser Kapitän-ohne-Boot, oder seine Kollegen – genauso wie ihr (inzwischen) unsterblicher Autor.

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