Einstürzende Neubauten: Ende Neu

Galt doch das, was die Einstürzenden Neubauten produzieren als innovativ, künstlerisch wertvoll, avantgardistisch (auch wenn Blixa Bargeld diesen Begriff nicht mag), aber auch immer als schwer verdaulich, wenn nicht sogar als unhörbar. Direktere Zeitgenossen verwenden da gerne den Begriff Kunstkacke.

„EndeNeu“ hat nicht nur länger auf sich warten lassen als alle anderen Neubauten Werke, die Musik hat auch wie erwartet eine andere Richtung eingeschlagen, nur nicht so wie erwartet. Damit ist sich die Band aber doch irgendwie treu geblieben. Stellte doch B.Bargeld fest, daß anno 1996 jeder mit Lärm in die Charts kommen kann. So mußte er eine andere Richtung einschlagen. Anders anders sein. „EndeNeu“ ist eindeutig leichter zu hören als alle Vorgänger, hat aber nichts von der Eigentümlichkeit der Neubauten-Musik verloren. Insgesamt erscheinen die Stücke positiver, oder besser: upgrading; fröhlich wäre sicher übertrieben. Die Aussagen von Bargeld und Co. kommen wesentlich direkter und eindeutiger rüber. Destruktivität? No! Angenehm ist auch, daß die Einstürzenden Neubauten nicht dem Trend der Computermusik und Samples folgen, sondern auf bewährte Naturgeräusche wie Blech, Motoren und Bohrmaschine zurückgreifen, jedes „Instrument“ im Booklet ist fein säuberlich aufgeführt. Das Lied ist in der Maschine. Vielfach behandeln Musik und Text die Situation der Neubauten in den letzten Jahren und in der Gegenwart. Totgesagte leben länger, oder, wie es Bargeld ausdrückt: „wir kennen uns schon lange – der Phönix und ich“.

Überhaupt ist Ende Neu das persönlichste Stück der Einstürzenden, wenn mensch sie mal als eine Persönlichkeit sieht – was sie natürlich nicht sind. „Was ist ist“; politische Texte eines Blixa Bargeld; tritt er in die revolutionistischen Fußstapfen eines Scherben-Reiser, Gott hab‘ ihn selig? Nur im ersten Moment. Politische Aussagen mit denen er sich einem Lager zuordnen lassen würde sind nicht Bargelds Art. Schreit er doch nur heraus was ihm nicht paßt. Na, an wen könnte uns das erinnern, zumindest zeilenweise ? – Wir sind gekommen um uns zu beschweren – Die Annäherung an Reiser rührt eher aus dem Leben in der selben Stadt, Berlin, als aus Freundschaft oder Hochachtung, waren Bargeld und Reiser doch nur Bekannte. Spekulationen über eine Seelenverwandschaft zu anderen Musikern möchte ich dann doch nicht wagen…

Viele alte Helden haben sich in letzter Zeit sehr verändert.

Einstürzende Neubauten: Ende Neu
(Our Choice/Rough Trade)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert