„In keiner Millionenstadt der Welt sind die Mieten so billig wie in Berlin. Nach drei Wochen Wohnungssuche habe ich letztes Jahr über Inserat meine 100 Quadratmeter Wohung in gutbürgerlicher Umgebung gefunden, mit Balkon, Parkett und Zentralheizung für 1.000 Mark. Für sowas kann man in Kalkutta lange suchen. Ja, es gibt sie immer noch, die 164-Mark-Wohnungen mit Ofenheizung und Toilette indisch (jenseits des Ganges).
Billige Mieten haben aber auch schlimme Folgen für die Stadt: Die schrecklichen Berliner Künstler, die seit Jahrzehnten rostige Eisenplatten zusammmenschweißen und es irre lustig finden, als schräge Dilletanten-Combo ihre Gitarren nicht spielen zu können, oder einen experimentellen Super-8-Film nach dem andern zu verwackeln oder Recycling-Mode aus Müllsäcken zu basteln. Zu Recht landen diese Künstler dann bei Arabella Kiesbauer als „Schrilli der Woche“. Und das ist wohl die niedrigste Lebensform, in der man auf dieser Erde existieren kann. Diese Berliner Künstler können nur dank des billigen Wohnraums immer weitermachen. Denn von dem Schmarrn kann man natürlich keine teure Wohnung bezahlen …
Ja, billige Mieten sind gefährlich.“
Lorenz Schröter in JETZT – das Jugendmagazin der Süddeutschen Zeitung, vom 21.07.97.