Da legt man eine Blue Rose-Scheibe ein, deren erste Takes „Sister Moon“ und „200 Miles“ heißen und wartet, ehrlich gesagt, doch etwas ängstlich, was das wohl zu bedeuten hat, aber – Ach! Alles in Ordnung! Wieder ein Gitarrenschrammler, für dessen Refrains das Wörtchen „Tonight“ vollkommen ausreicht, kann man zur Not ja auch fünfmal hintereinander singen. Sind bloß „200 Miles“, nicht „2000 Lightyears“…
Aber Sarkasmus beiseite: das Label Blue Rose hat mich noch nie enttäuscht und bietet immer noch haute cuisine für Rock-Puristen. Joseph Parsons ist einer dieser „ehrlichen Handarbeiter“, wenn auch plugged und von Zeit zu Zeit mit kleinen Sound-Spielereien, Verzerrern und so. Besagte „Handarbeiter“ klingen schnell etwas bieder und langweilig, man kann´s auch solide nennen. Jedenfalls hat Parsons (und haben seine versierten Begleitmusiker!) alles drauf: deftigen Stromgitarren-Rock mit mächtig Drive, verträumtes Balladen-Geklimper und mit mittlerem Schlurf dahinplätschernde, aber saftige Songs: nichts wirklich Neues, aber unterm Strich einfallsreich gemacht.
Da gibt´s nix zu meckern: spröder Gesang und ordentliche Kompositionen. Wahrscheinlich mit Bryan Adams groß geworden, mit einem Ohr noch die großen Independent-Jahre mitgenommen und dann halt in die Alternative-Zeit reingeschliddert. Kann man nichts machen, sonst wär vielleicht ein großer Stadionrocker draus geworden. Aber es stimmt schon mit der Gnade der späten Geburt: 30 Jahre früher, und Parsons dürfte sich einreihen in all die Pete Seegers, James Taylors, Ralph McTells etc. und sänge die Tin Pan Alley rauf und runter, ist schon besser so.
Fazit: Ich würd mich nicht dafür zerreißen, aber der Mann ist definitiv nicht unter der Blue Rose-Würde!
Joseph Parsons: 5am
(Blue Rose/Rough Trade)