Farmer Not So John: Receiver

Es ist, als hätte Biolek gekocht: auf dem Speiseplan steht bewährte Hausmannskost, die aber so gekonnt zubereitet wird, daß sich Haute-Cuisine-Köche nur noch verlegen am Kopf kratzen. Ein Blick aufs Label genügt, um zu wissen, was Sache ist: „Blue Rose“ veröffentlicht stets traditionellen, aber glasklar produzierten Stoff – vom klassischen Singer-Songwriter über Rockiges bis hin zu Country&Western.

In diesem Fall ist es klangvoller, breiter Coutry-Rock mit dezentem Hall, mal knackig-rockig, mal melancholisch-balladesk. Farmer not so John sind seit ihrem Debüt-Album vom Quartett zum Duo geschrumpft, Bassist und Drummer verließen die Band: der Rumpf besteht nur noch aus Richard McLaurin und Mack Linebaugh, die Ex-Kollegen mischen aber zumindest noch im Studio mit. Linebaugh stammt aus Nashville und wurde väterlicherseits mit üblichen Country-Platten beschallt: geblieben ist eine komplizierte Haßliebe.

McLaurin kam Mitte der 80er aus der sandigen Pee-Dee-Region in South Carolina ins Mekka des Cowboy-Sounds und tourte zunächst mit Kollegen wie Vassar Clement, Maura O´Connell etc. 1995 gründeten sie mit schon erwähnten Ex-Mitgliedern in Nashville Farmer not so John, brachten nach einem Jahr bei Compass Records ein vielbeachtetes Debüt-Album raus und stiegen in den Tourbus, der sie bis nach New York rumpelte. On tour legten sie sich regelmäßig mit Clubbesitzern an, da sie sich weigerten, im Doppelpack mit Rockabilly-, Hillybilly- oder Psychobilly-Bands aufzutreten. Sie wollten nicht als weitere Alternative-Country-Band gelten, nur weil sie „einen Steel- und Mandolinenspieler haben, der in South Carolina aufgewachsen ist“ (und weil die Band natürlich nur gaaaaaaaanz zuuuuufällig auch noch in Nashville ansässig ist, Anm d. Verf.). Die Rolling Stones würden auch nicht als Country-Band kategorisiert, nur weil sie zwischendurch mal country-angehauchte Songs spielen.

„Wir sind eine Band aus dem Süden, aber wir wuchsen nicht mit Countrymusik auf, und ich denke nicht, daß auf Receiver auch nur ein traditioneller Country-Groove zu finden ist“ (Zitat Mack Linebaugh). Da sollte er sich vielleicht mal sein eigenes Album anhören… Aber sei´s drum. Diese kopflastigen, krampfigen Diskussionen verdeutlichen nur einmal mehr das problematische Selbstverständnis einer Branche, in der als nicht zuckrig genug empfundene Johnny Cash-Alben, produced von Hip Hop-und-Rock enfant terrible Rick Rubin, mit Airplay-Boykotten geächtet werden(!) und die junge Generation sich abgrenzen muß, ohne aus dem Fußstapfen zu fallen. Wasch mir den Pelz, aber Mach mich nicht naß. Egal.

„Receiver“ oszilliert in der Tat zwischen Country und ruhigem Akustik-Rock, wenngleich nicht unplugged. Linebaugh und McLaurin sind übrigens ihres Zeichens Gitarristen, und mit ihrem Gänsehaut-Sound bewegen sie sich automatisch nah an der Schwelle zur Alternative-Area. Wie will man auch traditionellen Rock machen, ohne die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte, der Singer-Songwriter, der Independent-Bands und der Grunger zu nutzen?!! Und mit ihren gezuppelten Hooklines und dem schnalzenden Rhythmus landen sie nun mal zwangsläufig im warmen, massivgeschnitzten Bett des Country. So what?!!

Die Hintergründe gehören oft einer bleischweren Atmosphäre, gefüllt mit zirpenden, schmirgelnden Streichern und düsterer Synthie-Untermalung (etwa so wie bei Metallicas „Nothing else matters“, auch wenns kaum jemandem auffällt). Kann man aber auch laut im Auto laufen lassen, viele Songs gehen einfach richtig gut aber. Da stimmen die Melodie, der Swing, die bittersüßen Harmonien und die mehrstimmigen Vocals. Eine coole und lässige, aber gleichzeitig sehr intensive und emotionale CD, die vom ersten bis zum letzten Ton unter die Haut geht.

Farmer Not So John: Receiver
(Blue Rose/Rough Trade)

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