Nach ewig langer Wartezeit und immer wieder verschobenen Releasedates halte ich hier das neue, epochale Machwerk von einer DER führenden englischen Elektronik-Kollektiven in meinen Händen.
Zuviele Superlative im Aufmacher?-Keineswegs! Die Geschmackspolizisten, Gralshüter der Underground-Attitüde und Feinde von ravigen Klängen durften sich ja bereits wie die Mainstream-Fraktion, der es gar nicht groß(-kotzig) genug klingen darf, auslassen. Die Kritiken fallen demnach, was erste Gruppe angeht, zerreißerisch aus, die zweite Gemeinde äußerte sich euphorisiert.
Klar- Underworld sind nicht erst seit „Born-Slippy“, ihrem Trainspotting-Hit, Teil der englischen Dance/Elektronik-Szene, die auf ein gewisses Maß an Massentauglichkeit schielt. Was hier euphemistisch nach Ausverkauf klingt, ist nicht so leicht verkäuflich wie man nach auszugsweisem Hören glauben kann. Underworld haben durch eine glasklare Produktion auch diesen „Rhythmus mit dem man mit muß“ – sei es der gebrochene Beat, der allerdings nie big ausfällt, oder die floor-to-the-floor-Variante – doch an keiner Stelle verlassen sich Karl Hyde, Darren Emerson und Rick Smith auf den blossen Effekt.
Nachdem die letzte Prodigy Platte die Wiederholung eines einzigen Schemas war, nälich der Hau-drauf-und-halts-Maul-Taktik, die Chemical Brothers eine martialischere Version ihres ersten Albums ablieferten und Fat-Boy-Slim so tongue in cheek ist und sich auf Rock-Classic Samples verläßt, machen Underworld eine Reise durch verschiedene Stil-Elemente der zeitgenössischen Musik. Dabei vernachlässigen sie keineswegs den Songbereich. Frontmann Hyde (bei Underworld kann man ähnlich zu Prodigy einen Bandstatus ausmachen) ist nicht nur der entrückte, murmelnde Psychopath oder ein Parolen-Schreihals wie Keith Flint, sondern vermag nette Melodien in den Techno-Kontext zu bringen. So funktionieren der elfminütige Opener „Cups“ nicht nur durch die Vocoder-Maschine sondern auch durch die Gesangslinie.
Ähnlich wird mit den Effekten umgegangen. Minimalismus lebt oftmals durch einen Filter, der sich über einem Geräusch austoben darf. Bei „Beaucoup Fish“ lebt sich das Instrumentarium dermaßen aus, daß für Effekte kaum Platz zu sein scheint. Hier ist das Ohr anders gefordert. Man muß genau hinhören, will man jedes Geräusch in dieser Sounddichte ausmachen. Man kann sich wahlweise dazu bewegen und sich aufsaugen lassen von diesem Riesenschwamm. Letzte Variante kann ich nur empfehlen.
Underworld: Beaucoup Fish (JBO/V2)