The Chemical Brothers: Surrender

Eigentlich zählt sie jeder zu den Wegbereitern des sogenannten Big Beat. Allerdings erweist unsereins den beiden kreativen Köpfen hinter The Chemical Brothers, Ed Simons und Tom Rowlands, keinen großen Dienst. Ganz im Gegenteil – von Big Beat möchten sie anno 1999 nichts mehr wissen und stellen die Daseinsberechtigung dieses Begriffs gleich mit in Frage. Was die musikalische Entwicklung des Duos angeht, so hat es sich – wie schon verbal – von seinen Wurzeln weiter entfernt als es manch einem Big Beatler lieb sein mag. Doch ehrlich: Wer hätte ein zweites „Dig Your Own Hole“ oder eine Neuauflage von „Exit Planet Dust“ ohne Müdigkeitsanfall oder penetrant nervender Langeweile überstanden. Eben. Es war höchste Eisenbahn die Kurve zu kriegen und die Kreativität neuen Impulsen von außen auszusetzen.

Der Opener, „Music: Response“, ist daher eindeutig dem Disco-Kontext zuzuordnen und wurde Gerüchten zufolge von Missy Elliott mit komponiert. „Under The Influence“ kommt noch am nächsten an die alte Big Beat-Zeiten ran. Stampfende Beats im Halbsekundentakt. Dann wären da die obligatorischen Gastauftritte von Oasis-Prügler Noel Gallagher in „Let Forever Be“ und Jonathan Donahue von Mercury Rev („Dream On“), der Auftritt von Mazzy Star-Sängerin Hope Sandoval in „Asleep From Day“ und das Duett von Bobby Gilespie (Primal Scream) und Bernard Sumner von New Order/Electronic in „Out Of Control“. Alles in allem extrem liebevoll arrangierte, bedachte, relaxte und ruhige Tracks, die sich das englische DJ-Duo ausgedacht hat. Alle natürlich auf hohem songschreiberischen Niveau und voller Abwechslung. Am Ende vermißt man eigentlich nicht den Big Beat, sondern ist froh, daß er sich endlich zum Teufel geschert hat und nicht mehr rumnervt und wummert. Besinnlichkeit steht jetzt hoch im Kurs. Waren die Chemical Brothers früher Actionfilmen gleich, stellen sie heute Landschaftsfilme her, die nur selten in ihrer Idylle gestört werden. Ich kann mir gut vorstellen, daß man für sowas 18 Monate im Studio hocken muß. Kann ich wirklich. Auch wenn es die ‚Spex‘ nicht verstehen wird, ich mag dieses Album.

The Chemical Brothers: Surrender
(Virgin)

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