Läßt sich Trip Hop auch auf Gitarren spielen? Ja! Fragt „Das Weeth Experience“. Die machen´s euch vor. Spielen herrlich melancholischen Americana-Rock im Zeitlupen-Tempo, verlieren sich in endlosen Feedback-Schleifen, brechen mittendrin ab, fangen wieder an, lassen ihre Verzerrer krachen, die Stromgitarren heulen und geben der Lead-Klampfe für ein Solo „frei“. Pedal Steel Guitar und Vibraphon sind auch dabei. Manchmal zumindest. Kritiker schrieben einst: „Als wolle Neil Young Tortoise remixen“. Und das triffts.
Die vier Hamburger haben ihre Rock´n´Roll-Hausaufgaben gemacht und sich dann entschlossen, „Kunst“ zu schaffen. „Experience“ geht ja so ähnlich wie „Experiment“. Der Drummer hört in seiner Freizeit sicher auch ein bißchen Jazz. Und alle zusammen hören sie Giant Sand, Yo La Tengo, Calexico (für den mexikanischen Einschlag, der bisweilen durchscheint: man spürt förmlich den Kaktus pieksen und sieht die Gerippe in der Wüste liegen…), Built To Spill und Hood. Geh ich mal von aus.
„Psychedelischer als ein Sack bunter Pillen“ meint das Label. Dass das der Hersteller sagt, ist ja klar. Doch er hat recht. Zeit, Lärm und Ruhe können eine ausgesprochen bewußtseinserweiternde Wirkung haben, wenn man sie richtig einsetzt. Und „Das Weeth Experience“ machen zudem noch richtig Laune (selbst wenn sie singen). Ihre Stücke klingen wie alte Bekannte, klassischer geht´s gar nicht (s. Neil Young). Trotzdem: in erster Linie modellieren sie „Stimmungen“. Also, wer ein bißchen Zeit hat, sollte sich drauf einlassen. Die „Songs“ (wenn man so will, wegen der vielen Brüche und mancherlei Eso-Techniken wie Sphären-Sounds etc.) sind durchweg kleine Meisterwerke, sehr countryesk und definitiv ein Erlebnis. Und achtet mal auf den kleinen Film, der sich dabei in eurem Kopf abspult. Sicher kommt mindestens ein Highway drin vor, vielleicht auch der Grand Canyon, wahrscheinlich ist das Wetter gut und die Sicht phantastisch…
Das Weeth Experience: Aural scenic drive (Indigo/Strange Ways)