Studio Grande: Studio Grande

Schrammelrock kann man nölig und betroffen schlenzen lassen (das nennt sich dann „Grunge“), man kann ihn aber auch ordentlich und stramm festsurren – und ab geht die Post (das machen Studio Grande)! Lange ist mir nicht mehr ein solch minimalistisches Line up untergekommen: Gitarre-Baß-Schlagzeug, und der Gitarrist ist zugleich noch der Sänger. Die meiste Zeit lassen Studio Grande es richtig krachen und bewegen sich irgendwo zwischen Independent und Punk, mitunter ufert die ganze Sache auch ein bißchen aus (das nennt sich dann „Noise“), aber zum Ausgleich gibt´s dafür auch einige langsamere Stücke, sogar eine wunderschön triefige Ballade („Manchmal“) – naja, wunderschön bis auf den Text, aber auf die Lyrics komm ich später noch zu sprechen, die haben´s verdient…

Schade nur, daß man sie so schlecht versteht, obwohl sie auf deutsch sind und der Sänger vortrefflich artikuliert. Ich hab gleich mal bei meiner zugegebenermaßen ziemlich verrotteten Anlage nachgeschaut, ob ich nicht beim Staubsaugen wieder versehentlich die Bässe hochgeschoben hab (meine Anlage steht auf dem Boden…), aber das war nicht der Fall. Also, entweder ist die ganze Sache schlecht abgemischt, oder ich fall altersmäßig einfach aus der Zielgruppe raus, denn als jahrelange Walkmanhörerin sind meine Ohren nicht mehr ganz so gut in Schuß. Ich füg jedenfalls gleich dazu, daß ich noch eine Extra-Kopfhörer-Session drangehängt hab (das mach ich auch nicht für jede CD, aber die Texte hier sind echt witzig).

Musikalisch sind Studio Grande zwar spröde, aber dennoch leicht bekömmlich: nette locker-flockige Melodien, flotte Rhythmen, lässig hingerotzter Gesang und hübsche Backing-Vocals, das übliche, schon erwähnte Geschrammel (meist lärmig und plugged, zwischendurch auch mal akustisch-folkig und beatle-esk, aber nur ganz kurz) – plus ein paar eingestreute, spleenig-spacige Synthie-Sounds! Vor Zeit zu Zeit zirpt und blubbert es, daß es eine wahre Freude ist!!! Und bei „Besser so“ (von fern auch in „Nichts erinnert mehr an dich“ und „Aus die Maus“ – ich stell grad fest, daß Armin und Christoph ja richtig Geschichte geschrieben und die deutsche Umgangssprache um eine eigene Redewendung bereichert haben!) gesellt sich eine Pedal Steel Guitar dazu und adelt den Song mit dezenten Country-Anklängen. Unterm Strich eine höchst erfreuliche, originelle Sache ohne viel Pathos, sondern einfach gute, kompakte Musik mit lustigen Texten, die mehr als nur Beilage sind!

Und jetzt – wie versprochen – noch ein Wort zu den Texten. Die sind sozusagen mit leichter Hand geschrieben und verströmen so beiläufig ihren Charme und Witz, daß vermutlich nicht mal der Texter selbst es mitbekommen hat. Vielleicht war er auch einfach noch zu deprimiert, denn 60% der Lyrics handeln von gescheiterten Beziehungen und der blöden Ex.

Mein Favorit aber heißt „Jeff“, eine Hommage an den zu Recht vergessenen Ex-ELO-Leader, an dessen Wah-Wah-schwangere Outputs sich heute niemand mehr erinnern möchte – aber es müssen Menschen seine Platten gekauft haben, und zwar nicht zu knapp, denn Jeff Lynne war einst ziemlich erfolgreich, sogar Studio Grande erinnern sich noch an ihn: „Es geht hier um einen Mann, er hat ´ne bunte Brille an; es geht hier um einen Mann, der kommt aus Birmingham, und einiges was ich kann, hab ich von ihm gelernt“ – davon hört man der CD aber gottlob nicht allzuviel an! Dieser Meinung scheinen noch andere gewesen zu sein: „Du fragst ‚Muß das so sein?‘, ich sag ‚Hör doch nochmal rein'“, ach nein, besser nicht… In das Werk von Studio Grande hingegen sehr gern, gute Musik mit kurzweiligen Texten nimmt mein CD-Player gern!!!

Studio Grande: Studio Grande
(Day-Glo/SPV)

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