Metallica: S&M

Wenn´s auf Weihnachten zugeht, gilt es sich vor drei Dingen in Sicherheit zu bringen: vor verstopften Fußgängerzonen, dem jährlichen Disney-Film und dem neuesten Metallica-Album. Es ist wirklich zum Verzweifeln! Vor zwei Jahren die ausgelutschte Re-Load, dann die mottenstichige Garage Inc. und jetzt eine Kooperation mit dem San Francisco Symphony Orchestra. Titel: S&M. San Francisco Dingsbums und Metallica – Habt Ihr Euch so gedacht, Ihr Herren Musiker, was? Von wegen. Sado-Maso ist schon vollkommen korrekt assoziiert: Sado eurerseits und Maso meinerseits. Hilfe, hilfe. Aua, aua.

Dass Dirigent Michael Kamen, der immerhin die Streicher für „Nothing else matters“ arrangieren durfte, seit Jahren auf dieses schwachsinnige Gipfeltreffen hingearbeitet hat, kann man ja noch verstehen. Ich würd mich auch gern mal mit Metallica treffen, ein bißchen flippern und über alte Zeiten reden. Wenn´s nötig wär, sogar unter dem Vorwand, zusammen Musik machen zu wollen. Aber dass Lars Ulrich diese Klassik-meets-Rock-Geschichte tatsächlich als „Herausforderung“ (Zitat!) empfindet, stimmt mich doch nachdenklich. Hat nicht das London Symphony Orchestra schon genug Müll dieser Art in die Welt gesetzt? Und die waren noch schlau! Sie haben nämlich allein gespielt: nicht nur die zweite, sondern auch die erste Geige. Wogegen Kamen ja unbedingt mit Metallica gemeinsam spielen mußte. Heißt natürlich, dass die Gitarrenparts schonmal besetzt sind (die Jungs können ja nix anderes), womit die Chance zur Neuinterpretation vertan ist. Metallica spielen also eins zu eins ihre Platten nach – was auch sonst. Und das Orchester? Tja, das hat jetzt ein Problem. Spielt es die Original-Riffs mit, hat das zur Folge, dass man es hinter dem wuchtigen Crunch der Bay-Area-Rocker schlicht nicht hört, denn die spielen ziemlich plugged. Natürlich. Bleiben nur noch irgendwelche hirnrissigen Arrangements, um die Pausen zu füllen oder halt in anderen Tonhöhen dagegen zu halten. Schade, denn das Ensemble hat garantiert Besseres zu tun, als sich mit wirren Verlegenheits-Klängen eine Daseinsberechtigung zu erfiedeln in Kompositionen, die im Grunde schon komplett sind und nur noch unnütz überfrachtet werden können. Und wenn man sich so wagnerianisch gebärden muß, um überhaupt gehört zu werden, dann bleiben außer Streichern und Blech auch kaum noch Klangfarben übrig, mit denen man experimentieren könnte. Sprich: mit denen man kreativ sein könnte. Das San Francisco Symphony Orchestra hat sich also ohne Not in eine Sackgasse manövriert. Hoffentlich war es wenigstens ein lustiges Event. Viel Kontakt scheinen die verschiedenen „Lager“ untereinander allerdings nicht gehabt zu haben. Wie sonst könnte Lars Ulrich feixen, „die Lautstärke muss furchterregend für die Symphoniker gewesen sein“, wo jeder Hirni weiss, dass Orchestermusiker ihre eigenen Hörgeschädigten-Organisationen gründen könnten. Tss, tss.

Ansonsten zeigt die Track-List schonmal, was eine kommende Best-of-Metallica-Compilation so parat halten könnte. Ein paar unveröffentlichte Sachen sind auch drauf, sogar Morricones „The Ecstasy of Gold“ aus dem Western-Klassiker „The good, the bad and the ugly“. Leider ist das Ganze unter Live-Bedingungen eingespielt. Bedeutet: Hetfield transponiert höhere Passagen öfter mal um eine Oktave nach unten, damit er sie überhaupt singen kann. Wer´s mag… Tja, „S&M“ ist was für Hardcore-Metallica-Fans, um ihre CD-Sammlung zu komplettieren. Allen anderen, die an innovativen Neu-Interpretationen der Men-in-Black-Songs interessiert sind, seien weiter Die Krupps und Apocalyptica empfohlen.

Metallica: S&M
(Mercury)

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