OASIS‘ Noel Gallagher zollte jüngst „Silberlocke“ Mac – ein bißchen neidisch – Respekt: „Als Musiker hoffst Du, während Deines Lebens vielleicht Teil einer großen Band zu sein. Ian McLagan war in zwei!! (Der störrische Bastard!!!)“ Doch nicht nur mit den Mod-Ikonen THE SMALL FACES und den Party-Rockern THE FACES schrieb Mac Rockgeschichte, auch als gefragter Studio- und Sessionmusiker verschaffte er sich ein großes Renommée.
Gearbeitet hat der Keyboarder aus dem Westen Londons u. a. für Stars wie die ROLLING STONES, Bruce Springsteen, Bonnie Raitt oder – nachdem man die Friedenspfeife geraucht hatte – für Rod Stewart. Mac zeigte sich aber immer offen für alles, was sich außerhalb ausgetretener Rockpfade so tat. Und er jammt eben – bis heute – mit weniger Bekannten und fördert bewusst junge Talente. Zu Zeiten des New Wave waren das z. B. die RICH KIDS oder die LORDS OF THE NEW CHURCH. Nachdem er sich in den 1980er Jahren in den USA niederließ (zuerst in Los Angeles, seit 1994 in Austin, Texas), veränderte sich seine Sessionarbeit in Richtung „Outlaw“-Country-Rock. Dabei entstanden u. a. Aufnahmen für Calvin Russell oder Michael Fracasso. In letzter Zeit fährt Mac wieder zweigleisig: Er hat zum einen seine alte BUMP BAND reformiert, zum anderen spielt er in der backing group (THE BLOKES) von Billy Bragg.
Nach rund 15 Jahren legt Mac nun endlich wieder ein Solowerk vor, und wenn er sich auch früher eher zurückhielt, so lässt sich schon mal sagen, dass er nun als Sänger und Songwriter schwer aufgeholt hat. In der Tat belegt das neue Album, dass sowohl Stimme als auch kompositorisches Talent gereift sind. Die zwölf Songs überraschen mit eingängigen Melodien, ohne abgekupfert zu wirken, immer wieder mit cleveren hooks versehen. Die Texte ersparen dem Hörer weitgehend lästige Platitüden, sind sogar, Macs Naturell entsprechend, manchmal richtig witzig. Und bei den Arrangements hat er sich auch einiges einfallen lassen. „Best Of British“, der Titelsong des US-Originals (um zu verdeutlichen, dass es sich bei Macs Album nicht um eine Best Of-Compilation handelt, änderte das deutsche Label den Titel und auch das Cover), ist Programm: ein britischer Country-Rocker, ein gemeinschaftliches Sangeswerk mit Billy Bragg, der fast schon Hitcharakter besitzt. Weitere starke Songs sind „She Stole It!“, eine verschmitzte Abrechung mit einer Ex-Freundin, die die wertvolle Schallplattensammlung mitgehen ließ – ein Kracher in alter FACES-Manier, wovon Rod Stewart nur noch träumen kann – oder die liebenswerte Hommage „Hello Old Friend“ an den 1997 verstorbenen Ex-Kumpel Ronnie Lane. Sie ist musikalisch an Lanes „good time music“ mit Honky Tonk Piano angelehnt. Das wavige „Big Love“, einen Song aus den frühen 80ern, nahm er nochmals auf, verpasste ihm einen gewissen Afro-Pop-Touch à la Johnny Clegg mit rhythmischen Background Vocals. Überhaupt setzt Mac auf rhythmische Vielfalt: auch Reggae und Rock’n’Roll kommen nicht zu kurz.
Für das solide musikalische Fundament sorgt Macs fünfköpfige BUMP BAND (mit der exzellenten Bassistin Sarah Brown), ergänzt durch Gastauftritte von Freunden: dem schon erwähnten Billy Bragg oder Ron Wood, der – bei „She Stole It!“ und „This Time“ – alte FACES-Zeiten ein wenig aufblitzen lässt.
Natürlich war mit „Turn Faces“ kein richtungsweisendes Opus zu erwarten gewesen, aber es dokumentiert überzeugend, dass Ian McLagan noch nicht abzuschreiben ist, vielmehr endlich den Schatten seiner Ex-Kumpane Marriott & Lane abstreifen konnte.
Ian 'Mac' McLagan & the Bump Band: Turn Faces
(Hypertension/Edel contraire)