Laika: Good Looking Blues

Keine Minute, und man weiß: Laika, unverkennbar. „Good looking Blues“ ist kein Ausbruch, sondern eine behutsame Weiterentwicklung. Die Markenzeichen sind geblieben, aber eingedampft zu einer weichen Klangmasse und durch neue Kanäle geleitet. Der spacige, gedämpfte Elektronik-Sound ist um einiges leichter geworden, tupft und federt wie auf Watte gebettet durch den Raum und schimmert edler denn je. Lounge pur, zarte Moog-Loops steigen wie Bläschen auf, weich puffend und mit dezentem Hall. Die Rhythmen federn, schwingen und sind trotzdem voll funkiger Spannung. Laikas Geräuschekosmos aufzudröseln, wäre was für Sisyphos. Die irrsinnigsten Sounds sind hier verwoben. Oft weiß man nicht: Industrielandschaft, Dschungel oder Paradiesgarten?

Von Songs zu reden, wäre auch verbotene Liebesmüh. Hier fließen etliche Linien im selben Strom, kommen sich näher, werden aber nie eins. Der Gesang wie immer seltsam entrückt und unbeteiligt, mehr erzählend als singend und trotz Hooks einfach nicht ins Ohr zu kriegen. Im Prinzip nur zusätzliche Instrumental-Spur, keine Extra-Wurst, sondern Rädchen im Getriebe. Wo die Melodie-Linien ihre Prägnanz auflösen, beginnt der Blues. Es geht um Stimmungen, um Atmosphäre, einen einzigen zusammengehörigen Kosmos, der eben mal drei, mal sechs Minuten dauert. Keine gezielten Fahrten mit Spannungsbögen, Durchgangspassagen und Höhepunkten. Hier regiert das Gleichmaß, und zwar mit eiserner Hand. Verschwommene Harmonien, funkiges Geplucker, eine wabernde Melange aus Beats, Loops und Samples. Der Gesang seltsam gefiltert, fast verfremdet. Extra-Touren gibt´s nicht, alles nivelliert zur breiigen Masse. Wo allerdings die Laika-typische Wärme, Freundlichkeit und Optimismus beginnen, ist mit dem Blues auch schon wieder Schluß. Mit Festlegen ist hier nichts. Laika schaffen sich große Freiräume, Leerstellen, die sie bevorzugt mit Free-Jazz füllen. Experimentelle Bläser-Improvisationen signalisieren: der Raum wird genutzt, bleibt aber für alle Interpretationen offen. Dieser Akzent ist in der Ausprägung neu für Laika. Die Schwebe als einziger Fingerzeig, zu dem sie sich herablassen. Übrigens ist das neue Opus in sich um einiges ununterscheidbarer als der Vorgänger „Sounds of the Satellites“, wo man beim Hören noch auf Anhieb die einzelnen Takes trennen konnte. Dafür ähneln sie sich neuestens zu sehr.

Auch wenn man´s nicht auf den ersten „Blick“ hört: Laika fusionieren mal wieder Organik und Elektronik. Das gute alte Rock-Line Up lebt weiter, was zu komplizierten Mehrfach-Einspielungen führte. „Wenn man interessante Gitarrenmusik macht, gibt es definitiv eine Tendenz, den Sänger wegzulassen oder nicht mehr live zu spielen, wenn man auf Elektronik steht. Beides haben wir hinter uns gelassen.“ Laika über Laika, aus dem Mund von Sängerin Margaret Fiedler. Die übrigen Mitglieder sind: Guy Fixsen (Gitarre, Moog), John Frenett (Bass) und Lou Ciccotelli (Drums, Percussions). „Good Looking Blues“ ist das dritte Album der Engländer in sechs Jahren. Soweit die Statistik. Für den Trip Hop der Bristol-Bands hegen sie große Sympathie, lassen sich aber nicht darunter subsummieren. Ihr Sound ist vielschichtiger, avantgardistischer und trotz leichtfüßiger Attitüde kein Pop. Dieselbe abgehobene Eleganz hörte man zuletzt bei Jimi Tenor, der allerdings im Gegensatz zu Laika eindeutig auf dem Retro-Trip war. Fusion ist keine Schublade für Laika, und trotz aller Crossover-Bemühungen bleiben sie in erster Linie Elektronik-Band. Charmant: ja, aber leidenschaftlich: nein. Wenn auch nicht kühl, dann aber trotzdem unnahbar. Post World Music, schrieb ein Kollege. Er hatte so unrecht nicht.

Laika: Good Looking Blues
(Too Pure/Zomba)

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