Hat schon was von Tragik an sich, wenn sich zwei ehemalige Rockstars nach vielen Jahren als Loser wieder treffen. Beide bildeten in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre unter dem Dach der SMALL FACES eines der britischen Songwriter-Duos, neben Lennon/McCartney oder Jagger/Richards, gingen dann mit den FACES bzw. HUMBLE PIE eigene Wege, fanden kurz wieder zusammen (SMALL FACES-Reunion 1976), um dann im Streit auseinander zu gehen.
Was danach kam, war kaum mehr der Rede wert. Neue Trends, vor allem Punk und New Wave, katapultierten beide vorerst auf den Müll der Musikgeschichte. Trotzdem probierten’s Ronnie Lane und Steve Marriott noch einmal, und zwar in einem kleinen Theater in Loughton bei London. Das hatten beide angemietet, um ihre neuen Songs mit alten Freunden aus besseren Tagen aufzunehmen. Steve putzte schließlich bei den Plattenfirmen die Klinken, und als die Bosse meinten, ’ne Platte käme nur mir ’ner Tour in Frage, war’s das schon gewesen. Denn Ronnie litt bereits an Multiple Sklerose, konnte z. B. seine Finger nicht mehr bewegen, keine Gitarre mehr spielen. Und Steve blieb konsequent, ließ sich nicht kaufen.
Tapes dieser sog. „Lost Magic Midgets Sessions“ kursierten seit Jahren in Fankreisen, 1996 erschien ein Großteil dieser Aufnahmen als CD in miserabler Qualität auf einem Bootleglabel (Outlaw Records – sic!). Der langjährige Weggefährte Steve Marriotts, Jim Leverton, zupfte seinerzeit den Bass und nahm sich endlich der mastertapes an. Leverton remixte die Aufnahmen und fügte behutsam die ursprünglich schon geplanten, von Frank Meade neueingespielten Saxophon-Parts ein.
Nun, hat sich die offizielle Erstveröffentlichung dieser damals kaum wahrgenommenen Sessions überhaupt gelohnt? Ich denke ja, denn in der Tat kann „Majik Mijits“ mit einigen Songperlen aufwarten. Die erste CD enthält zwölf Stücke, mehr oder weniger hälftig von Steve und Ronnie komponiert. Steve lässt es erwartungsgemäß eher mal etwas krachen: Der eingängige Opener „Lonely No More“ hätte ein Hit werden können, „Birthday Girl“ zeigt keinerlei Respekt vor Frauen mittleren Alters, wie auch der aufgeräumte „Toe Rag“ Steves Comedy-Qualitäten hörbar macht; die anderen Songs sind solide, aber nicht sonderlich spektakulär, werden eben durch Steves charakteristische Röhre „veredelt“. Da fällt Ronnies angegriffene, brüchige Stimme natürlich ab. Doch seine Songs gleichen dieses Manko wieder aus. Sie stehen in der Tradition seiner SLIM CHANCE-Periode, bieten britischen Country-Rock mit skurrilen Texten, z. B. das politisch unkorrekte „Last Tango In NATO“, die musikalische Vorausschau auf seine texanischen Jahre mit „Bombers Moon“ oder die Ode an seinen Neffen „Son Of Stanley Lane“. Dank der versierten backing band um Leverton, Drummer Dave Hynes (RIP! Er starb vor wenigen Monaten), Keyboard-As Mick Weaver und PIRATES-Gitarrist Mick Green wirkt das Konglomerat aus stilistisch recht unterschiedlichem Material wie aus einem Guss. Für den eingeschworenen Fan bietet die zweite CD die Rohfassungen mit den ungeschnittenen Zwischenrufen der beteiligten Musiker (bzw. Steves obligatorischen Schreien). Es versteckt sich gar ein bis dato unbekannter Song von Ronnie Lane („Beguine“). Alles in allem sicher kein einzigartiges Stück Musikgeschichte, auf das die Welt wartete, aber ein liebenswertes, entspanntes Album für die berühmten lauen Spätsommernächte.
Lane-Marriott
The Legendary Majik Mijits
(Burning Airlines/EfA)