So richtig passen Stella in keine Schublade. Eher schon umgekehrt: in viele gleichzeitig. Sie schreiben Popsongs, intonieren sie wie Rocksongs, und das mindestens zur Hälfte mit elektronischen Instrumenten. Einfacher ist es da schon, die Stimmungen der Songs herauszufiltern. Da ist zum einen die Stella-typische Coolness und ihre geschmeidige Eleganz, die neuerdings ins „Fette“ driftet, dann diese rumorende Unruhe, teilweise gar Militanz, und manchmal auch ein demonstrativer Ennui. Neu ist auch Bassist Hendrik Weber, und als Gastmusiker sind Dirk von Lotzow (Tocotronic), Phillip Sollmann, Thomas Wenzel und Carsten Meyer (Erobique) dabei.
Viel Disco, Glam und 80er-Jahre-Atmo sind eingeflossen ins neue Album, New Wave und Punk-Monotonie, Industrial-Beats und Indie-Gitarren. Die energischsten Momente auf „Finger on the trigger…“ sind purer musikalischer Alarm. Dazu passt, dass Elena Lange mittlerweile einen Vocalstil perfektioniert hat, der wie Stakkato-Gewehrsalven abgefeuert wird und trotzdem irgendwie lauernd klingt. Die aufreizende Blasiertheit Anette Humpes und Debbie Harrys sirenenhafte Seite scheinen Pate gestanden zu haben, aber ganz mädchenhaft geht´s auch (wie auf dem Album-Sweetheart „Opening Night“).
Die Arrangements haben Stella komplett auf sich zugeschnitten. Die Kombination aus Elektronik und „mechanischen“ Instrumenten tut das ihre, aber eigenwillig ist auch das Patchwork aus Versatzstücken verschiedenster Stilrichtungen, aus dem Stella ihren ganz eigenen Ton formen. Der entfernt sich nie weit vom tanzbaren, federnden Pop, entfaltet aber trotzdem einen seltsamen Kontrast zwischen düsteren Untertönen und freundlicher Oberfläche. Während oben simple Hooks ihren Charme spielen lassen, tun sich ringsumher majestätische Kathedralen auf. Der Schweinerock, der an manchen Stellen aufblitzt, ist ein Baumaterial neben vielen. Gewaltiges Tempo können sie vorlegen, die drei Hamburger, und ihre Wut und Ironie klingen auch in den Texten an. Wenn Joschka Fischer als „Jogging Man“ verhöhnt wird, die Ignoranz der Medien angeklagt oder der Jugoslawienkrieg in seiner verdrängten Aktualität zurück ins Gedächtnis gerufen wird.
Sie haben etwas zu sagen, die Musiker von Stella. Das machen sie vom ersten Ton an deutlich. Auch ohne Texte.
Stella: Finger on the trigger for the years to come
(LADO/Zomba)