Diesmal wurde abgekäst aus den Pressetexten von Jazzyfatnastess, Rodney Kendrick, Killah Priest, Kottenmouth Kings, LL Cool J, Slum Village und – um die Heimmannschaften nicht zu vergessen – 5 Sterne Deluxe, DJ Peak und Roey Marquis II.
Auswärts…
Richtig passend zur Jahreszeit und den damit verbundenen Witterungsverhältnissen, kommt „The Once And Future“ (MCA/Polydor/Universal) von Jazzyfatnastees auf den Markt. Es ist das erste Album des Soul-Duos Mercedes Martinez und Tracey Moore und schon mit diesem haben sie die Messlatte auf fast unerreichbare Höhe gehievt. Sie, die schon seit 1992 (als Quartett angefangen) gemeinsame Sache machen und von Brixx, The Roots, De La Soul und vielen anderen engagiert wurden, geben eines der besten Soul-Alben der letzten Monate preis und verzücken mit ihrer Melange aus zurückhaltendem HipHop, Soul, Funk, Klassik und verträglichem Jazz. Ein Album für die gewissen Stunden. Ja, noch viel mehr sogar. Eines, das mit Wärme und Wohlsein nicht geizt und Sehnsucht eine positive Seite abgewinnen kann.
Philadelphia iz back on da tracks. Dieses Mal allerdings nicht vertreten durch The Roots, sondern durch Rodney Kendrick. Der 40-Jährige, verheiratet mit der Tochter von Diana Ross, ist Jazz-Pianist und durfte schon mit James Brown, Jazz-Sängerin Abby Lincoln und George Clinton gemeinsam auf der Bühne stehen. „No Dress Code“ (Polydor/Universal Jazz) ist der Versuch, sich zeitgenössischen Formen der afroamerikanischen Musik anzunähern. Der als „perkussiver Pianist“ bezeichnete Künstler lud sich illustre Gäste ins Studio ein. Das Spektrum umfasst HipHop ebenso wie Rhythm & Blues, Jazz und Soul. Nach dem vielen Einheitsbrei der letzten Zeit wieder eine der wenigen lobenswerten Veröffentlichungen. Wer hätte auch angezweifelt, dass GZA, Spider (vom Refugee Camp), Jeru The Damaja und Rhonda Ross Kendrick diesem Anspruch nicht gerecht werden. „No Dress Code“ ist jenseits des Schubladendenkens entstanden und lebt von seiner intelligenten Instrumentierung und den Ausnahmestimmen der beteiligten Gäste. Black music mit Niveau!
Er liebt seine niggers, er braucht seine bitches und er singt von Teflon-verstärkten Jacken und Feuergefechten. Kennt man irgendwoher, nicht wahr? Killah Priest kann mit „View From Masada“ (MCA/Universal) leider nicht an sein Debüt „Heavy Mental“ anknüpfen. Die Produktion ist trockener und durchschnittlicher ausgefallen, so dass sie sich von anderen aktuellen US-Releases kaum abgrenzt. Außerdem rappt Killah Priest etwas uninspiriert daher. Gleiches gilt für die Samples, deren Auswahl auf seinem ersten Album ebenfalls wesentlich passender war. Der nächste Mos Def ist er definitiv nicht und auf den warte ich doch so sehnlichst.
Nicht einfach kategorisierbar sind die Kottenmouth Kings („High Society“, Capitol/EMI), eine Gruppe hipper, weißer Amis, die zu viel Pott geraucht und viel zu viel MTV geschaut haben. Sie nerven mit einer HipHop/Nu Metal-Melange so wie es schon Cypress Hill auf ihrer „Bones“-Platte taten. Stampf, stampf, brüll, brüll. Laut bellen tun sie ja, bei mir reagiert nur keine einzige Synapse. Ab in die Tonne!
Einer der betagteren Rapper aus den USA erhebt nach einer längeren Pause erneut seine Stimme. LL Cool J, der schon viele Höhen und Tiefen des HipHop durchgemacht hat, will uns auf „G.O.A.T.“ (DefJam/Universal) seine tolle Street Credibility („Where I Belong“) verkaufen. Damit macht er sich jedoch eher lächerlich. Besser steht ihm die Rolle des Hustlers, Hardcore-Poppers und Herzerweichers („Hello“). Von den vielen lyrischen Entgleisungen abgesehen, ist „G.O.A.T.“ ein typisches Up-to-date-Werk wie sie in den Staaten täglich auf den Markt kommen. Besonders aufregend ist es wahrlich nicht. Übrigens: G.O.A.T. = Greatest of all times – welch selten dämlicher Albumtitel.
Nicht mehr so frisch ist die Scheibe des Kollektivs Slum Village. Aber unter den Tisch gekehrt werden, soll sie auch nicht. Denn sie ist wunderschön und wird besonders den Old School-Headz zusagen. Slum Village haben sich auf „Fantastic Volume II“ (Wordplay/Virgin) ganz in den Dienst der Native Tongue gestellt. Ich mag mich wiederholen, aber auch hier ist eine Crew am Start, die das Erbe von A Tribe Called Quest würdevoll antreten kann. Dieses Album reiht sich nahtlos in die Veröffentlichungen von The Roots, Mos Def und Common ein. Gediegener HipHop ohne unzählige Kraftausdrücke und ohne gleich mit großem Brimborium auf die Kacke zu hauen. Statt dessen anspruchsvoll, soft und durch die Hintertür.
… und heimwärts.
Eine der besten ‚Mzee‘-Releases seit langem ist ohne Zweifel „Loop-O-Rama“ (Mzee/EFA) von DJ Peak. Die in der Reihe „Strictly HipHop Beats“ erschienene 12″ ist ein Sammelsurium für coole, unverbrauchte jazzige und loungige Loops, witzige Samples (letzter Track der A-Seite) und erstklassige Scratches (letzter B-Seite-Track). Peak, der mit HipHop anfing, dann kurzzeitig ins TripHop- und Drum&Bass-Lager überwechselte, hat ein nicht dem Mainstream entsprechendes Bild von HipHop. Seine musikalischen Attribute beinhalten Wärme, Soul und Geschmeidigkeit. Diese stellt er auf Teil 5 der Reihe stolz zur Schau. Auch diejenigen, die nicht wie wild die Turntables rocken, können sicherlich mit „Loop-O-Rama“ etwas anfangen und beim Genuss von der Scheibe die Füße von sich strecken und die Seele baumeln lassen.
Hm, sie hätten nicht so viele Hanfpflanzen vertilgen sollen. Natürlich ist „Sillium“ ein Meilenstein deutscher HipHop-Kultur. Sie waren ihrer Zeit tatsächlich ein paar Monate voraus, wodurch dem Album nicht die Aufmerksamkeit geschenkt wurde, die es verdient hat. Auch „Neo.Now“ (YoMama/Zomba) ist typisch für 5 Sterne Deluxe. Es ist unberechenbar, düster, witzig und krank. Nach einem Intro kommt auch gleich schon ihre Party-Bombe „Die Leude“, die vorab schon als Single erhältlich war. Doch ab Track vier nimmt der Wahnsinn seinen Lauf: „Das Hätte Ihr Lied Sein Können“ und „Kill That Rock!“ sind in Töne umgesetzte Ideen, die einem nur im stark bekifften Zustand einfallen können. „So Dumm“ wiederum ist richtig gut und erinnert im Refrain an so manches Fanta 4-Stück. Was jedoch lustig und amüsant ist und nicht nervt. Und so geht es weiter. Kleinere durchgeknallte Zwischenspiele respektive stark THC-geschwängerte Tracks („I Like To Smoke“, „In Der Tat“, „Auf Der Yacht Nach Dr. Hossa“, „Champagneros“) mähen immer wieder eine breite Schneise in das musikalische Konzept und den Fluss und unterbrechen die groovige und discomäßige Beschallung. Was hatten wir anderes erwartet. 5 Sterne waren, sind und bleiben besonders und extravagant. Ihnen kann und wird keiner das Wasser reichen. Es bleibt nur die Frage, ob ihre Fans den verrückten und abgedrehten Ideen folgen werden können. Sie könnten einige Pluspunkte verspielen.
Macht Platz für eine königliche Hoheit. Es tritt auf den Plan Roey Marquis II.. Der Name klingt leider fast besser als seine Scheibe. Der „heißeste Scheiß“ ist „Ming“ (Full Scale/BMG) nicht ganz geworden. Roey Marquis II. hat ganz tief in der Kiste mit den dumpfen, düsteren Beats gekramt und die schwärzesten davon zu Tage gefördert. Er selbst hat wirklich ganze Arbeit geleistet und überzeugt auf fast allen Tracks. Die Schwachpunkte der Platte sind jedoch die Kollabos. Denn Obacht. Nicht alle Deutsch-Rapper haben es drauf. Auf dem Pluskonto haben wir immerhin „Von ABS-eits“ (mit ABS), „Was Willst Du?“ (Azad, Tone & J-Luv), „Aktion-Reaktion“ (DCS), „R.e.volution“ (Sezai & Lunafrow) und „Nimm Dein Mikro In Die Hand“ (Samy Deluxe & Tone). Macht nur 50%. Hm…
Phat World IX erscheint ganz sicherlich und irgendwann.