Upps, wie konnte das nur passieren? Ich bin aber auch enttäuscht von Ihnen, meine werten Leser und Leserinnen. Warum haben Sie nicht sofort nachgehakt und sich beschwert? Dann hätte ich nie und nimmer vergessen, von meiner Flitterwoche auf Djerba zu berichten. Von diesem schicken, mit Marmor ausstaffierten Luxushotel, der dazugehörigen überdimensionalen Poolanlage, dem bezaubernden Wetter mit seinen Mittzwanziger-Temperaturen, dem Sandstrand, dem Büffet, das mir morgens und abends das Füllen meines Magens erleichterte, dem fast schon penetrant netten Dienstpersonal, das einem jeden Wunsch von den Lippen abzulesen imstande war, dem türkischen Bad, dem Ausritt meiner Frau, dem idyllischen Golfplatz, den wir nur betraten, um uns vom übernetten Hotelfotograf ein paar „kitschige Fotos“ (O-Ton meiner Schwiegereltern) schießen zu lassen…
Hach, es war ja so schön auf Djerba. Lediglich der letzte Urlaubstag sollte mir und meiner Frau noch recht lange in Erinnerung bleiben. Aus bisher ungeklärten Gründen suchten uns Magenkrämpfe und stressige Durchfälle heim, die zumindest mich noch bis kurz vor Weihnachten verfolgten. Das sind – um meinen Leidensweg nachzuzeichnen und meine Qualen (zur Erinnerung: Ich esse gerne und viel!) hervorzuheben – über vier Wochen „merde vite“ (zu deutsch: Dünnpfiff). Diese Tortur zu überstehen, fiel mir nicht leicht und zu allem Übel habe ich sogar sage- und schreibe fünf Kilogramm an Gewicht verloren. Dieser Schock sitzt mir bis heute tief in den Knochen. All die harte Arbeit, am Büffet die richtige Essenwahl zu treffen, den Teller so geschickt zu füllen, dass nichts an der Seite herunterfällt und damit meinen Magen zu völlen und Gewicht draufzuschaffen – all diese Arbeit war umsonst.
Nun sitze ich hier am Schreibtisch, schlank und rank wie eh und je (oder etwa nicht?), und alles war für die Katz‘. All das Geld, all die Mühe, ständig Zeit und Platz für kalorienreiche Zwischenmahlzeiten zu finden, gelten nunmehr als fehlinvestiert. Ein wahrlich harter Schlag für mein zartbesaitetes Gemüt. Gott sei Dank ist aber schon Weihnachten (Heute ist der 1. Weihnachtsfeiertag.) und ich konnte gestern verloren geglaubten Boden wieder gutmachen. Dank eines üppig gedeckten Tisches, auf dem die liebevoll vorbereiteten Zutaten für das alljährliche Racletteessen meiner Schwiegereltern angerichtet waren, war ich in der Lage, ein paar Gramm zuzulegen und die tierischen, BSE-freien Speisen meinem erschlankten Körper zuzuführen. Gleich nachher wird der Kampf gegen die Bulimie, gegen das Abspecken, gegen das Gewichtverlieren weitergehen. Meine Mutter hat Kuchen gebacken und wird einen Wildlachs in den Backofen schieben. Dazu reicht sie üblicherweise Kartoffelgratin und Spargel. Ein wahres Fest für Gaumen und Magen. Morgen gibt es den Nachschlag bei Verwandten von uns.
Herrlich, weit und breit kein Land in Sicht. Und Silvester: Mit meiner Frau allein zu Hause und ein Vier-Gänge-Menü auf dem Tisch. Yippie! Und am 1. Januar Bauch reiben, stöhnen und genüsslich und wohl genährt auf dem Sofa fläzen. Kann das Ende eines Jahres denn schöner sein?