Mehr aus Neugierde als gezielt Ausschau haltend hörte ich in diesen Dischord Release (schon der einhundertdreiundzwanzigste) rein und ohne irgendwas Großartiges zu erwarten bekam ich die Schublade vor lauter Frische nicht mehr zu. Wie ein Fisherman´s Friend die Atemwege putzt, so putzt mir dieses schwarze Scheibchen schon seit Tagen den Dreck aus dem Gehörgang, den so mancher halbgarer Kompromiss, den man hört, weil es ja mal wieder an der Zeit wäre sich was Neues zu kaufen, hinterlassen hat. In besagten Fällen ist dann lediglich die Verpackungen neu, der Inhalt…naja.
Aber hier geht es um was anderes. Hier wirkt nichts gekünstelt. Was die Gitarren an Tönen fabrizieren ist so weit weg vom Rest und schrammelt und quietscht, als würde der Gitarrero immer am falschen Ort auf der Bühne stehen, so dass er dem Feedback kaum entgehen kann. Die Rhythmik brettert mal unisono mit den Kollegen aus der Harmonie los, aber oftmals zickt das Schlagzeug rum wie ein alles zerhackstückendes Fleischermesser, immer versucht verschiedene, aber gleichgroße Stücke zu schneiden. Nichts wird hier dem Zufall überlassen, und doch klingt alles so selbstverständlich.
Q and not You erinnern daran, daß ein 4/4-Takt auch anders funktioniert, als immer den Bum-tschack der anderen zu imitieren. Sie verwursteln die ganze Bandbreite an Zwischenschlägen als feste Zählzeiten. Bei „Fever Sleeves“ werden fast konzeptrockmässig verschiedene Parts mit völlig anderen Strukturen aneinander geklatscht, dass man hier von Konzeptwave sprechen könnte. Der Gesamtsound ist eben sehr wavelastig im Sinne von End-70er Bands wie Wire, Devo oder XTC, also ganz dünne Gitarre, verhaltener, aber pluckernder Bass und ein höhenlastiges Schlagzeug.
Die Stimme steht im Vordergrund und die ist Pop, mehrstimmig sowieso – und wer hätte es gedacht: Die macht was ganz anderes als der Rest. O.K., ist ja fast selbstverständlich, daß man sich als Sänger bestenfalls eine Hookline ausdenkt, die sich von der übrigen Harmonie abhebt, aber so klingt, als müßte sie genau dorthin. Bei diesen Gitarren gibt es allerdings oftmals keine große Orientierungshilfe, warum dann nach dem Naheliegenden suchen. Refrains? Wo bitte schön? Reime? Gibt es vielleicht zufällig! „Little Sparkle“ hört nach vier Teilen, die in sich auf Wiederholung aufbauen, wie ein Minutemenstück abrupt auf. Keine Seltenheit! Die einzige Band im Moment, die nach At-the-drive-in das Prädikat Emo verdienen, ohne dass man die Bezeichnung als Label ihrer Musik mißbrauchen könnte, um sie mit solch poppigen Superchunk-Epigonen -Bands wie den Get Up Kids in einen Topf zu werfen.
Es gibt zwar gleich zwei ruhigere Stücke mit „Kiss Distinctly American“ und „Sleeping The Terrorcode“, aber Ruhe kann ja auch was Unheimliches sein und muß nicht gleich Richard Kleidermann mit Nietengürtel anstatt Smoking bedeuten. Poppig sind Q not You ja auch, aber nicht so handzahm, daß meine Mutter ins Zimmer kommt und sich nach dem schönen Lied erkundigt, das da gerade läuft. Kauft diese immer noch ohne Scancode versehene zitronengelbe Schalli und unterstützt dabei Ian Mackaye mit seinem Label, damit er noch mehr solcher Helden featuret. Gleich muß ich nochmal Beefeater rauskramen…
Q and not You: No Kill No Beep Beep
(Dischord/Efa)