Jimi Tenor: Utopian dream

Karg sind sie immer noch, die Song-Landschaften des Jimi Tenor. Aber wesentlich heller als auf dem Vorgänger „Out of nowhere“.

Der Beat ist der Schrittmacher in Tenors Musik. Auf ihm wabern und fließen seine sanften Klänge. Wie Linien umschlingen sie einander, es perlt, funkelt und strahlt sphärisch in den Raum. Gebrochen durch grollende Piano-Akkorde und staubige Hi-Hats. Und immer wieder trockene Flöten-Stöße und hölzerne Percussion-Tupfer.

Eso und Ethno ist Tenor gleichermaßen treu geblieben. Und natürlich dem Groove. Unterstützt durch die wiedergewonnene Wärme dominiert er den „Utopian dream“ unüberhörbar. Und er scheint Tenors Herausforderung zu formulieren: wie weit kann man gehen – ohne Melodien, mit fast abstrakten, gesichtslosen Klängen und roboterhaften Beats, ohne den Groove zu verlieren. Immerhin: Leben kann man Tenors Klanggemälden nicht absprechen, der „Utopian dream“ steckt voller Dramatik.

Tenor lehnt sich wieder weit aus dem Fenster, und es bleibt ein schmaler Grat zwischen avantgardistischer Club-Music und 08/15-Konserven-Fahrstuhlmusik, mit denen sich von Heimwerker-Tips bis zum Soft-Porno alles unterlegen lässt. Es ist – wieder mal – Filmmusik, der Tenor frönt. Bilder würden die Bedeutungsleere der Klänge, ihre Offenheit schlagartig auflösen. Aber so ist jeder selbst gezwungen, seinen eigenen Film im Kopf zu drehen. Bei den meisten werden es wohl schroffe Mondlandschaften sein, betrachtet aus einem schwerelosen Shuttle mit buntem, plüschigem Innenleben.

Futuristisch, jazzy und kühn, manchmal schräg klingt´s. Sechziger-Jahre-Flair, aber ohne Retro-Baukasten. „Utopian dream“ arbeitet subtiler als „Out of nowhere“. Reduzierter, ohne wirklich abgespeckt zu sein. Hin und wieder lässt Tenor softes Disco-Flair aufsteigen. Soul, Moog und sexy Backing-Chöre umrahmen den Testosteron-gestählten Vorsänger.

Es bleibt das Gefühl eines Trips in entfernte Gefilde, angetrieben von Beats und Vibes, ohne Reibungsverluste. Die Musik von Jimi Tenor bleibt weiter hermetische Volksmusik. Unterhaltsam, spacig und exotisch.

Jimi Tenor: Utopian dream
(PUU/Sähkö 026 CD 50176)

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