Wie wurde auf dieser Band in den vergangenen Jahren rumgehackt! Der alte Geist wurde vermisst, sowohl „New America“ als auch „No Substance“ waren nicht gerade Lieblingsalben von Kritikern, und auch die Fans jammerten, dass das alte Material besser war. Und jetzt ist Brett Gurewitz wieder an Bord und alles ist gut?! Anscheinend ist die Gleichung so einfach. Greg Graffin hat seinen Kompagnon wieder mit im Songwriting-Boot und auf einmal fließen den beiden Sachen aus der Feder, wie man sie schon seit Jahren von Bad Religion nicht mehr gehört hat. Vielleicht war der Bruch auch notwendig, denn -machen wir uns nichts vor- das letzte Album mit Brett Gurewitz „Stranger Than Fiction“ war auch nicht der Oberhammer.
Ich persönlich fand die beiden vergangenen Alben nicht so schlecht, wie sie letztendlich gemacht wurden, aber „The Process Of Belief“ toppt alles, was Bad Religion in den vergangenen Jahren veröffentlicht haben. Selbst wer nach „Against The Grain“ ausgestiegen ist, kann hier wieder anknüpfen und erlebt eine ungestüme Band, die dank ihrer Reife die Lust an Melodien heute mehr auslebt denn je. Und das tun sie in atemberaubender Geschwindigkeit: 14 Titel in knapp 40 Minuten; die ersten beiden sind Kracher von nicht mal zwei Minuten. Beim vierten Titel „Broken“ zeigt die Band, was Punk 2002 bedeuten kann: Feines Songwriting mit Akustikgitarren und einer unter der Oberfläche schwelenden Kraft, die nicht zum Ausbruch kommt. „The Process Of Belief“ ist die perfekte Balance zwischen hochenergetischen Punknummern und feinen, melodischen Songs, die mit ihren hymnischen Refrains sofort im Ohr hängen bleiben.
Greg Graffins markante Gesangslinien und seine herausragenden Texte heben jedes Bad Religion Album über den Punk-Durchschnitt, aber er scheint seinen alten Weggefährten zu brauchen, um wirklich zu Hochform aufzulaufen – bei „The Process Of Belief“ 100% gelungen.
Bad Religion: The Process Of Belief (Epitaph/Connected)