Seán Tyrrell: Belladonna

Im November/Dezember 2001 war Tyrrell mit seinem Spezi Fergus Feeley auf Europatournee und hatte da schon eine Menge neuer Songs im Gepäck (siehe Konzertkritik). Viele davon sind nun hier auf dem neuen Album versammelt, das – nach dem geheimnisvollen Lied „Belladonna In The Bar“ – einen recht zweideutigen Titel trägt. Denn „Belladonna“ meint bekanntlich nicht nur eine „schöne Frau“, sondern bezeichnet auch die hochgiftige Tollkirsche!

Tyrrell ist ja alles andere als ein klassischer Singer/Songwriter, dafür stets auf der Suche nach Texten fremder Autoren, die sich seiner Ansicht nach lohnen, vertont zu werden. Und da hat er längst eine anerkannte Meisterschaft erworben. Ob das skurrile Zauberergedicht „Hocus Pocus“ oder das verquere Poem W. B. Yeats („The Stolen Child“), es gelingt ihm einfach, den passenden musikalischen Rahmen zu bauen.

Aufgenommen wurde das prallgefüllte Album (knapp 70 Minuten!) mit zahlreichen Freunden in seinem Haus im Co. Clare. Passend dazu auch die Liebeserklärung an seine Heimat „Sweet Ballyvaughn“. Zu den vertonten Gedichten gesellt Tyrrell Balladen, die er früher im Repertoire hatte und auf die er wieder gestoßen war; einige Jigs’n’Reels dazwischen, und mit „An Spailpín Fánach“ ein richtig lustiges Volkslied dazu.

Gleichwohl ist der Grundtenor, wie gewohnt, eher melancholisch. Und manchmal heißt es angesichts recht schwermütiger Songs wahrlich tief durchatmen. Aber diese Nachdenklichkeit, dieses Eintauchen in anrührende Geschichten und versponnene Gedichte ist genau seine Stärke. Bemerkenswerterweise findet sich im booklet eine „Mental Health warning“: „I have been accused of being a Romantic, Melancholic and sometime Cynic. This CD is liberally laced with the first two and touches of the latter.“

In der Tat ist „Belladonna“ nichts für Fans irischen Schunkel-Folks. Man muss Zeit und Muße haben, um sich auf dieses mit Herzblut eingespielte Album einlassen zu können.

Seán Tyrrell: Belladonna
(Longwalk Music)
CD/Kontakt: www.seantyrrell.com

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