Au backe. Ein ganz weichgezeichnetes Cover. Das lässt nichts Gutes vermuten. Was ist das hier? Ein Szenenfoto aus „Zärtliche Cousinen“? Nein, der Mensch oben scheint ein Mann zu sein. Na gut. Könnte aus „Die blaue Lagune“ sein. Erinnert mich so´n bisschen daran. Die Klamotten sehen nach Freibeutern oder ausgesetzten Jugendlichen aus. Aber wie hieß der Typ noch, der da mitgespielt hat? Der hat nämlich genau so´ne blonde Minipli. Später hat er das Kindermädchen in Dallas gespielt und Sue Ellen gevögelt. Ich komm nicht drauf.
Egal. Das kleine Foto von James Last ist übrigens ganz scharf. Drunter ist sein Autogramm aufgedruckt. Super Idee von der Werbe-Abteilung. „Wir machen mal auf Authentizität“. Und daneben die Worte „Meine Titel-Auswahl“. Ja, das will ich aber auch hoffen. Wer soll denn bei den Platten vorher ausgewählt haben? Die Nachbarn? Der Pfleger? Die Polydor? Und was bitte ist ein „vien“? So wie in „La vien en rose“. Kann mir das mal einer übersetzen? Steht hier vorn auf dem Cover drauf. Original. Da wär jetzt der Aufdruck „Nicht von mir geschrieben“ nicht schlecht.
„Für romantische Stunden“, empfiehlt mir der Aufdruck auf der Coverrückseite. Und dann kann ich mir noch aussuchen, in welcher Reihe diese Compilation erschienen ist. „Das Beste aus meinen Goldenen“ oder „The gentleman of music“. Und irgendeine Club-Sonderauflage ist es auch noch. Ich nehm alle drei. Und Sie ahnen es schon: aus dem Mann mit der blonden Matte und den hochhackigen Plateaustiefeln ist hier schon der distinguierte Graumelierte mit schwarzem Anzug und Krawatte geworden. Ein Kinnbart ist noch dran, damit sich der Schnauzer nicht so alleine fühlt. Aber wir sind schon schwer in den 80ern.
Jetzt werden also die alten Hits neu zusammengeschnürt in Plattencovern, die wie schlechte Fototapeten aussehen (aber immer noch besser als die airgebrushten Bilder, die später drauf sein werden). Da es ja eine Romantik-Platte ist, schleicht der Sound hier meistens auf Socken und Zehenspitzen rum. Viele Streicherkaskaden, die oben auf dem Notenblatt schon eigenhändig gemalte Zusatzlinien brauchen, so hoch liegen sie. Das ist nicht so meins. Erinnert mich auch eher an das, was so in Chinarestaurants der gehobenen Mittelklasse als Tischmusik läuft. Obwohl es natürlich wieder mit viel Liebe und Können gemacht ist. Aber das ist dann doch eher was für Menschen, die wirklich von ´ner Reise in die Südsee träumen. Und das tu ich nicht. Dazu bringen mich nicht mal die Ballade pour Adeline, Der einsame Hirte, die Moonlight Serenade oder Wenn süß das Mondlicht über den Hügeln schläft. Obwohl gerade letzteres sehr schön ist. Und übrigens eine originäre Last-Komposition. Hier allerdings in einer sehr kastrierten Form. Ich persönlich mags lieber mir ein paar kräftigen Bläsern. Und das gibt´s auf anderen Platten.
Ganz im Gegensatz zu – ja, einem meiner persönlichen Last-Favourites: Biscaya. Hier ist er drauf! Einer der wenigen Single-Hits, die James Last je hatte. Aber nichtmal jetzt träum ich von der Südsee. Nein, ich seh mich in meinem alten Mädchenzimmer Puppenstube spielen. In jenem Sommer, als „Biscaya“ den Soundtrack lieferte. Ich hab´s damals geliebt. Und ich liebe es heute noch. God bless Biscaya!