Das Beste aus 150 Goldenen

James Last - Das Beste aus 150 Goldenen,

Diese Platte ist die Basis einer meiner liebsten Auto- und Walkman-Kassetten. Wer einen schmucken Querschnitt durch das Schaffen von James Last sucht, ist hier richtig. Und wer will, kann die Goldenen auf der Coverrückseite nachzählen: es sind genau 150.


Hier wird jedes Blümchen des Last-Schaffens kurz von der LP-Biene angeflogen: die besten Polkas sind hier drauf, zumindest die „Liechtensteiner Polka“. Manches klingt wie eine, ist aber vermutlich keine: Knaller wie die „Petersburger Schlittenfahrt“ (!!!) und „Hora Staccato“. Natürlich auch die „Amboss-Polka“ – lecker! Und „Starparade“, „Happy Music“, „Happy Luxemburg“…

Keine große Last-Melodie, die hier drauf fehlt (nimmt man ca. 1979 als Veröffentlichungsjahr): „Wenn süß das Mondlicht auf den Hügeln schläft“, „Morgens um Sieben ist die Welt noch in Ordnung“, „Der einsame Hirte“, „Games that lovers play“ und „Happy Heart“.

Ein paar Balladen: „Charmaine“, „Don´t cry for me Argentina“, die „Ballade pour Adeline“. Und natürlich ein bisschen Klassik: „Elvira Madigan“, eine Beethovensche „Violinromanze“ – und aus der Operetten-Blüte Stolz´ „Salome“.

Auf der zweiten Platte gibt´s dann ein paar Potpourris: deutsche Sachen mit Mitschunkeln und Chart-Hits, darunter auch viel englischsprachiger Pop.

Ich arbeite ja immer noch daran, rauszukriegen, ob „Happy Luxemburg“ mal eine Titelmelodie für Radio Luxemburg war. Ich meine, so etwas gehört zu haben. Ich finde, das ist so die typische Last-Handschrift. Und dass er am besten ist, bei kleinteiligen Stücken, die einem schon mit den ersten Takten ihren Stempel aufdrücken. Die „Luxemburg“-Fanfare ist einfach genial: deutlich, sympatisch, erinnerbar. Und modern.

Toll auch, wie er´s in „Morgens um Sieben…“ schafft, eine Ballade aufzuswingen. Man wird förmlich durch´s Lied durchgetrieben. Und nie waren die hohen Streicher besser angebracht, als über den grundierenden, kräftigen Bläsern und der Marsch-Trommel. Gleiches gilt für „Wenn süß das Mondlicht…“. Mag ich eigentlich noch mehr als „Morgens um Sieben…“. Unglaublich, wenn hier die Bläser den nächsten Aufschwung antreiben und die Streicher dann wie ein Segelboot in der Luft weiterschweben. Klingt kitschig. Ist auch so. Kann´s aber nicht besser beschreiben. Ist jedenfalls ein unglaubliches, ein unglaublich schönes Stück Musik.

Und die Amboss-Polka – Wahnsinn. Es ist diese Polka, die mich wünschen lässt, im zweiten Leben Trompeter oder Drummer bei James Last zu sein. Wie kriegt man so was ohne Drogen hin? Mann, mann, mann. Ich liebe dieses Stück! Wer ähnliche Adrenalin-Spritzen braucht, ziehe sich auch die „Petersburger Schlittenfahrt“ und „Hora Staccato“ rein. Vor allem nach letzterem brauch ICH mein vielzitiertes Sauerstoffzelt. Ich will verdammt sein, wenn das den Musikern nicht genauso ging! Mensch, bin ich dankbar, dass die hier draufgepackt wurden. Hätte ich genauso gemacht. Das rockt!!

Nur „Happy Music“ – das hätte ich mir doch noch einen Tick schneller gewünscht. Ich finde, da fehlt ein Zacken Tempo. Ist ja eigentlich auch ein durchgeknalltes Stückchen Musik, vertonte Ekstase – und die geht schneller.

Eine Art Mini-Instrumental-Oper ist „La entrada del Bilboa“ von José Feliciano. Geht über 6´32. Klingt zwischendrin richtig experimentell, wenn mit Percussions und verzerrten Gitarren eine Art Feuerwerk intoniert werden. Oder gehen hier Pferde durch?

Wahnsinn auch immer wieder: der erste Schlag bei „Games that lovers play“. Wow. Sowieso die Drums in diesem Lied – klasse. Und der Chor gefällt mir hier auch. Das konnte Andy Williams nur noch schlechter machen, oder? Und dann war´s immer noch ein Welthit…

James Last guckt übrigens vom Cover, als würde er der nächste Bundespräsident. Man sollte echten Bundespräsidenten dieses Foto zum Üben geben. Es sollte an ihrem Spiegel, in ihrem Auto und auf ihrem Schreibtisch kleben. Dabei – im Grunde ist James Last der deutsche Bundespräsident. Seit über 30 Jahren. Man kennt ihn. Man achtet ihn. Bis auf ein paar beleidigte Jazzer… Er repräsentiert uns glänzend. In vermutlich mehr Ländern, als der Papst je bereisen kann. Ja, ich glaube, James Last ist der Bundespräsident und der Papst. Für mich jedenfalls.

Im Innencover gefällt mir am besten das Foto „Verleihung der 136 – 150 Goldenen Schallplatte“. Man sieht einen Teppich aus Goldenen Schallplatten. Und dahinter James Last mit einigen – ich vermute – Label-Fritzen, die alle mit anpacken müssen, um die Goldenen optimal ins Fotographenlicht zu halten. Bis auf den Herrn links-mittig. Der ist damit beschäftigt, Erna und Heidi von hinten an die Schultern zu fassen. Mensch, was James Last der Polydor Geld gespart hat. In einem Aufwasch mal eben 15 Goldene abgeholt – es reicht dafür ein Buffett, ein Empfang, ein Abend. Das schafft heute nur noch Andrea Berg.

Und ganz rechts ist ein Foto, wie Kennedy vor dem Berliner Rathaus zu den Massen spricht. Ach nee, das ist auch James Last. Und da – in der Royal Albert Hall. Und neben Count Basie. Und neben Walter Scheel. Zwei Bundespräsidenten, Aug in Aug!

Und so stylish, das James Last Orchester auf der IFA und in der Starparade… Muss man mal sagen: das war echt was für´s Auge!

Angenommen, ich dürfte eine einzige James Last-Platte mit auf eine einsame Insel nehmen: es wäre diese hier. Mit den Sachen, die hier drauf sind, komm ich über die Runden. „Amboss-Polka“, „Petersburger Schlittenfahrt’, “Wenn süß das Mondlicht’… Ahoi.