„Hair“ – ein Thema wie gemacht für James Last! Hat er uns nicht immer durch seine Frisuren, sein wallendes Haar Freude gemacht? Doch, hat er. Genial auch mal wieder das Cover. Mir fehlen da die Worte.
Gottseidank nicht bei der Musik. Die ist zu einem unglaublichen Trip geworden. Softe, wohlige Psychedelia. Viele Flöten, Orgel und Jazz-Improvisationen. Morgenröte-Stimmung. Abgesehen von den irrwitzigen Orchesterausbrüchen: „Aquarius“ – ein Wahnsinnsritt. Drogisierte Lebensfreude. „Good Morning Starshine“ dagegen die Trägheit-danach, müde Glieder und elegisches Vorwärtsschleppen.
Unglaublich, mit welch feinen Pinsel und mit welch ungewohntem Gestut James Last hier malt. Sicher, man erkennt ihn und seinen Orchester-Stil. Aber es ist die Variation seiner selbst, die er hier vorlegt. Ein weiterer Einblick in das Genius Last, denn der groovige, jazzige, ausschweifende Sound auf „Hair“ ist ein Meisterstück.
Die Steigerung der Bläser in „Let the sunshine in“, über dem manisch trommelnden Drummer… Das fröhlich-beschwingte „Walking in space“. Und das pointierte Pianospiel in „Easy to be hard“… James Last´s “Hair’ hat auch düstere Momente. Es ist keine „Non Stop Dancing“-Platte. Nichts zum Durchtanzen. Sondern zum Zuhören, Mitleiden, Erfahren. Ein Ausflug durch fantasievolle Landschaften. Durch schöne, euphorische und traurige Gegenden.
Das Gute, nein Beste, bei James Last ist, dass er sinnliche Musik macht. Sie ist oft im besten Sinne Gebrauchsmusik, versucht die Kluft zwischen sich und dem Publikum zu überbrücken, indem sie sich heftig in den Dienst der Käufer stellt. Indem sie auffordert, ihr nicht kontemplativ zu lauschen. Indem sie diesen Effekt durch Hintergrundgeräusche fast selbst zunichte macht.
James Last will nicht interpretiert, nicht gerühmt und gelesen werden. Sondern einfach benutzt. Und zu diesem Zweck appelliert er oft im Übermaß an die Sinne. Seine Musik ist oft kraftstrotzend, farbenfroh und einfach „schön“. Und auf „Hair“ kommt noch seine ganze Jazz-Kunst hinzu. Eine unglaubliche Platte. Eine Last-untypische Platte, weil er sich den Stimmungen des Liedes hingibt, auch wenn sie melancholisch sind. Sich treiben lässt, Stimmungen auskostet. Und mit ungehörten, fantasievollen Arrangements ausmalt. Vielleicht seine beste Platte.