Neurosis: The Eye Of Every Storm

20 Jahre sind eine verdammt lange Zeit. Bedenkt man, wie eintönig vor sich hin alternde Bands à la AC/DC oder NOFX mit den Jahren geworden sind, kann man es Neurosis nicht hoch genug anrechnen, dass sie im zwanzigsten Jahr mit Steve Albini ihr bestes Album seit langem eingespielt haben.

Das Artwork passt perfekt zum Titel und beides kohäriert mit der spannungsgeladenen Musik. Man stelle sich ein weites Feld vor, das vom Frühnebel überzogen ist. Urplötzlich entsteht in einer entlegenen Ecke eine Windhose, die im Nu das harmonische Miteinander zerstört und ebenso schnell wieder verschwindet wie sie aufgetaucht war. Das passiert aber nicht ein Mal, sondern mehrfach. Was für die Musik heißt, dass Neurosis die Entdeckung der Langsamkeit weiter vorangetrieben haben. Denn laut Steve Van Till ist langsam gleichbedeutend mit intensiv. Und an Intensität mangelt es „The Eye Of Every Storm“ nicht. Man kann sich auf acht Songs in knapp 69 Minuten freuen. Pure Katharsis! Danach sind Seele und Körper vom Schmutz befreit.

Die stilistische und atmosphärische Vielfalt, die sich Neurosis über die Jahre erarbeitet haben, ist in dem packenden Opener „Burn“ zu inspizieren: Scott Kelly und Van Till singen statt zu schreien; die Musik geht mehr denn je in die Breite, ist düster und schlägt viele Haken; das repetitive Schlagzeug-muster bildet die einzige Konstante in diesem fiesen, dreckigen Monster an Song.
Die atmosphärische Dichte dieses Albums ist unbeschreibbar. Die Wutausbrüche sind rarer und verhaltener geworden. Sie brauchen keinem mehr zu beweisen, wie psychotisch und schizophren ihre Musik ist. Billige Effekthascherei in Form kurzer Attacken haben sie nicht nötig. Sie wissen, was sie können. Wären Psychothriller Musikstücke, sie würden von Neurosis komponiert werden.

Neurosis: The Eye Of Every Storm
Relapse/SPV
VÖ: 5.7.2004

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